Sandra Hermsteiner über ihre Leidenschaft für das Weihnachtsgeschäft

Das Pulver dosieren

8. September 2016
von Börsenblatt
Buchhändlerin Sandra Hermsteiner liebt das Weihnachtsgeschäft. Ihren Kunden serviert sie schon im Oktober erste Geschenkideen: als Vorgeschmack auf die verschwenderische Fülle, die noch folgt.

Nach den stressigen und erfolgreichen Schulbuch­wochen steht nun das nächste Highlight in der Branche an: das Weihnachtsgeschäft. Für mich die schönste Zeit im Jahr. Ich liebe das Weihnachtsgeschäft. Ich liebe die Vorweihnachtszeit, das Dekorieren im Geschäft und daheim, die adventliche Saisonware und die Vorfreude der Kinder, insbesondere meiner Töchter. Bei diesem Thema kann ich wirklich nicht objektiv bleiben, so sehr ich mich bemühe.
Und ich mag Weihnachten nicht nur zur Weihnachtszeit, um hier mal Herrn Böll zu zitieren. Ich mag Weihnachten einfach immer. Ich schaue gern im Frühjahr die Vorschauen der Verlage im Bereich Non-Books durch. Die der großen und ­bekannten, aber auch die der kleinen, um neue Dinge zu entdecken, die unser Sortiment bereichern könnten. So bestelle ich durchaus im April Adventskalender und Weihnachts­karten –und freue mich auf das Jahresende. Auch Geschenkpapier wird sorgfältig ausgewählt. Gäbe es schon Lebkuchen – ich würde ihn essen.

Jetzt im August habe ich noch einige süße Mitbringsel bestellt, die dann rechtzeitig Anfang Oktober eintreffen werden, da wir Mitte Oktober einen verkaufsoffenen Sonntag haben. Anfangs wollte ich es nicht glauben, aber nach 18 Jahren wissen wir: Die Kunden schauen genau an diesem Sonntag schon nach Kleinigkeiten zum Thema Weihnachten. Ich verschieße dann noch nicht das ganze Pulver, lege nur ein paar Häppchen hin, ausgewählte Bücher und andere Dinge, als Vorgeschmack auf die nächsten Wochen.
Ende November dekoriere ich meistens die Schaufenster, sodass auch nach außen hin alle Zeichen auf Weihnachten stehen. Dann liegt natürlich auch das gesamte Weihnachtssortiment aus.
Da wir eBuch-Genossenschafter und Anabelisten sind, disponiere ich Bücher noch nicht im Frühjahr, sondern erst im Herbst – wenn ich abschätzen kann, wie viel Platz ich diesmal zur Verfügung habe. Und wenn dann noch die Non-Books kommen, die ich im Frühjahr geordert habe, dann bin ich in meinem Element und gehe nicht heim, bevor nicht jeder Ar­tikel den perfekten Platz gefunden hat. Mein Mann meint dann immer, das habe manische Züge, aber er lässt mich machen und bewundert dann das Endergebnis. Sehr gern nehme ich auch Anregungen und Tipps aus der Branche an und überlege, was sich bei uns umsetzen lässt.
Und dann kommen die Dezemberwochen – vier wundervolle und sehr anstrengende Wochen, die uns alles abverlangen, die aber auch unendlich viel Spaß machen.
An Kunden, die ungehalten an der Kasse warten, verteilen wir Schokoweihnachtsmänner, die wir ebenfalls auf die verpackten Bücher kleben. Da wir einen sehr aktiven Werbering haben, sind wir beim örtlichen Adventskalender-Gewinnspiel dabei und steuern Gutscheine bei.
Wir beraten, empfehlen, verpacken, lachen und ärgern uns natürlich auch manchmal. Aber genau in dieser Zeit fliegen die Tage nur so dahin und man mobilisiert noch mal alles, um am Heiligabend dem letzten Kunden das erhoffte Geschenk verkaufen zu können, das gestern noch die Meldenummer 15 hatte, plötzlich aber doch lieferbar war. Und wenn ich dann die Ladentür abschließe, mit dem guten Gefühl, alles gegeben zu haben, dann ist es Weihnachten für mich ...