Aus in Kamen„15 Jahre haben wir unsere Kunden persönlich begrüßt, die meisten mit Namen", blickt Buchhändler Christian Hopp zurück. Solange führt seine Mutter in Kamen die Buchhandlung am Markt (110 Quadratmeter), hier hat er sein Handwerk gelernt. In der Präsidenten-Straße in Bergkamen hat er selbst vor zwei Jahren eine Buchhandlung übernommen, auch seine Schwester ist als Buchhändlerin tätig. Die Buchhandlung am Markt in Kamen aber wird nach dem Weihnachtsgeschäft schließen – ab dem 25. November läuft der Räumungsverkauf.
Vor drei Jahren hat die Mayersche Buchhandlung in unmittelbarer Nachbarschaft eröffnet: Keine 50 Meter von der Buchhandlung am Markt entfernt. „Die Kunden denken: ‚Ist groß, ist gut", ärgert sich Hopp mit Blick auf die Umsatzzahlen über den in seinen Augen überdimensionierte Buchhandelsfläche des Konkurrenten. Mit 340 Quadratmetern hat die Mayersche vor Ort aber keinen Büchertempel errichtet. Das Flaggschiff in Aachen ist mehr als zehnmal so groß. „Kamen ist nicht Köln. Wir eröffnen auf einer angemessenen Größe und versuchen über das Abbauen von Schwellenängsten auch eine ganz neue Kundschaft zu erreichen", entgegnet das Unternehmen.
Christian Hopp spricht von einem mit spitzen Ellenbogen geführten Verdrängungswettbewerb. Ein Vorwurf, den die Mayersche nicht stehen lassen will und auf die starke Onlinekonkurrenz verweist, die an den Umsätzen aller Marktteilnehmer frisst, auch am eigenen. „In der Regel haben wir ein sehr gutes Verhältnis zum Einzelhandel vor Ort – auch zu den Mitbewerbern, mit denen es auch Kooperationen gibt", sagt Pressesprecherin Simone Thelen. Sie verweist auf die Kampagne „Meine Stadt soll leben", von der der gesamte lokale Handel profitiere und Aktionen, bei denen auch andere Buchhändler kooperieren.
In Kamen hatte 2010 bereits die Traditionsbuchhandlung Hagena geschlossen – die Mayersche hatte damals die Auszubildenden übernommen. Die Konkurrenz durch die Mayersche hatte Inhaberin Alexandra Wullkopf damals in der „WAZ" betontermaßen als Schließungsgrund ausgeschlossen, obwohl das Aus zeitlich mit der Neueröffnung zusammen fiel. Vielmehr habe sich die Investition in einen nötigen Umzug nicht mehr gelohnt, der Standort habe sich negativ gewandelt. Ohnehin: Der Einzelhandel konkurriert über den Service, nicht über den Preis. Die Mayersche bietet ihren Kunden etwa kostenloses WLAN. Dem eingesessenen Einzelhandel fehlt häufig, zumal der Kuchen künftig kleiner wird, das Polster für nötige Investitionen.
Schließung in Dortmunds Süden
Anglika Czajkowski und Helga Brüx-Harthan schließen ebenfalls am Heiligabend ihren Buchladen. Die Hombrucher Buchhandlung (ebenfalls 110 Quadratmeter Verkaufsfläche) mit Schwerpunkt Kinderbuch, Belletristik und politisches Sachbuch hatte vor fünf Jahren die Mayersche als neuen Nachbarn bekommen. 16 Meter trennen die beiden Buchläden – hier ist die Mayersche auf 400 Quadratmetern präsent. „Dieses Jahr fing mit dramatischen Umsatzeinbrüchen ein", begründet Angelika Czajkowski den Entschluss zur Geschäftsaufgabe. Eigentlich sei eine Fortführung des Buchladens angedacht gewesen, aber der Mietvertrag lief aus und der Steuerberater habe mit Blick auf die Zahlen dringend abgeraten, weiterzumachen.
Der Mayerschen den Schwarzen Peter zuzuschieben, wäre zu einfach: Auch hier ist der große Onlinekonkurrent Amazon spürbar. „Nebenan beim Optiker arbeitet bereits ein Buchhändler, der eine Umschulung macht", sagt Czajkowski. Einen Plan B für ihre Zukunft hat sie nocht nicht. In Dortmund hatte zum Jahresbeginn auch Thalia die überdimensionierte Filiale am Westenhellweg schließen müssen. Ob sie und Mitinhaberin Helga Brüx-Harthan und die beiden jungen Mitarbeiter (31) einen Job in der Branche finden, weiß sie nicht.
