Schnellumfrage

Flaues Kerngeschäft

22. August 2016
von Börsenblatt
2015 haben die Verlagsumsätze das zweite Mal in Folge nachgegeben – um zwei Prozent. Trotz Sparkurs konnten die Einbußen auf der Kostenseite nicht kompensiert werden. Ergebnisse der Schnellumfrage.     

Mit dem kontinuierlichen Wachstum, das den Verlagen von 2004 bis 2013 vergönnt war, scheint es endgültig vorbei zu sein. Nachdem die Einnahmen 2014 um 0,4 Prozent gesunken waren, schlug 2015 ein Minus von zwei Prozent zu Buche. Das geht aus der Schnellumfrage des Verleger-Ausschusses im Börsenverein hervor. 126 Verlage haben sich an der Befragung beteiligt – sie stehen für einen Umsatz von 1,95 Milliarden Euro und repräsentieren damit rund 36 Prozent des gesamten Branchenumsatzes. Zur Erinnerung: Die Teilnehmer sind nicht jedes Jahr dieselben, sodass die Datenbasis immer eine andere und die Stichprobe nicht repräsentativ ist.

In den einzelnen Umsatzgrößenklassen gab es deutliche Unterschiede, was die Entwicklung der Einnahmen angeht: Während Verlage mit einem Umsatz zwischen 2,5 Millionen und fünf Millionen Euro ein Minus von 22,5 Prozent melden, gaben Unternehmen der Größenklasse 500 000 Euro bis eine Million Euro Mehreinnahmen von 5,9 Prozent zu Protokoll (das einzige Plus!). Die geringsten Ausschläge gab es in den oberen Größenklassen, etwa minus 2,4 Prozent bei fünf-bis-12,5-Millionen-Euro-Häusern oder minus 1,2 Prozent in den Unternehmen mit einem Umsatz von 25 Millionen Euro und mehr. Insgesamt haben etwa 60 Prozent der Verlage sinkende Umsätze zu Protokoll gegeben. Die nach Größenklassen getrennten Verteilungen zeigen, dass die extremen Veränderungsraten vor allem von den kleineren Verlagen (Umsatz bis unter 250 000 Euro) gemeldet wurden.

Wirft man einen Blick auf die Programmschwerpunkte der Teilnehmer, so kommen Fach- und Wissenschaftsverlage mit einem Zuwachs von 5,6 Prozent am besten weg. Am Ende des Rankings stehen die Ratgeberverlage, die 8,2 Prozent ihres Umsatzes eingebüßt haben. Um vier Prozent nach unten ging es für die Belletristen. Kinder- und Jugendbuchverlage schlossen das vergangene Jahr mit einem Minus von 1,5 Prozent ab.

Wichtigste Einnahmequelle für die Verlage bleiben die Bücher, die mit 74,2 Prozent fast drei Viertel des Umsatzes generieren. Allerdings entwickelte sich das Kerngeschäft 2015 nicht ganz so erfreulich: Bei den 126 Teilnehmern ist ein Minus von vier Prozent zu notieren. Besonders gebeutelt wurde die Größenklasse 2,5 bis unter fünf Millionen Euro, deren Buchgeschäft um 24,3 Prozent nachgab. Ebenfalls zweistellig im Minus: die Verlage mit Einnahmen unter 125 000 Euro, die auf 16,7 Prozent ihres Buchumsatzes verzichten mussten. Ein schönes Plus von 7,1 Prozent konnten hingegen Verlage mit einem Umsatz zwischen 500 000 und einer Million Euro einfahren.

Bei der Frage, wie es genau lief im Buchgeschäft, hilft die Auswertung nach Editionsformen weiter, die 99 Verlage aufgelistet haben. Bei diesen 99 gab es in summa einen Rückgang von 3,1 Prozent beim Buchumsatz. Gedruckte Bücher verloren 3,3 Prozent ihrer Vorjahreseinnahmen, E-Books 1,3 Prozent. Damit ist klar: Der Rückgang des Gesamtumsatzes ist überwiegend auf das Minus bei den gedruckten Büchern zurückzuführen. Bei den digitalen Büchern haben 37 Prozent der E-Book-Anbieter stagnierende oder schrumpfende Umsätze gemeldet, gut 60 Prozent einen teils deutlichen Anstieg. Die Schnellumfrage schlüsselt auch auf, in welchen Segmenten E-Books besonders gut laufen. Hier dominiert ganz klar die Belletristik mit 74 Prozent des Umsatzes. Zum Vergleich: Bei den Printbüchern kommt die Belletristik nur auf eine Quote von 38 Prozent. Der hohe Anteil der Belletristik am E-Book-Umsatz zeigt sich übrigens nicht nur in Verlagen mit grundsätzlich belletristischem Schwerpunkt, sondern auch in solchen mit einem belletristischen Programmanteil von weniger als 50 Prozent. Kinder- und Jugendbücher rangieren beim E-Book auf Platz 2: Sie sichern sich neun Prozent der digitalen Einnahmen (print: 20 Prozent), gefolgt von Schulbüchern (sieben Prozent) sowie Fach- und wissenschaftlicher Literatur (fünf Prozent).

Das zweitwichtigste Standbein der Verlage, das Zeitschriftengeschäft, trug im vergangenen Jahr 7,1 Prozent zum Umsatz bei und erreichte ein hauchdünnes Plus von 0,2 Prozent. Den größten Einbruch (minus 10,2 Prozent) gab es bei den Häusern mit einem Umsatz von einer Million bis unter 2,5 Millionen Euro, am besten schnitten die großen Unternehmen mit 25 Millionen Euro und mehr ab. Die Onlinedienste haben sich in der Langzeitbetrachtung seit 1999 kontinuerlich nach oben gearbeitet (mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von um die 30 Prozent) und liefern jetzt einen Umsatzbeitrag von 4,7 Prozent. Der Zuwachs im vergangenen Jahr lag bei 14,3 Prozent. Ein deutliches Plus im Onlinebusiness konnten die Verlage mit einer Million bis unter 2,5 Millionen Euro erreichen. Für sie ging es um 30,4 Prozent nach oben. Ordentliche Resultate waren auch bei der obersten Größenklasse zu vermelden: Plus 15,7 Prozent lautet hier das Ergebnis. Nicht ganz so gut lief es bei den Häusern mit Einnahmen zwischen 2,5 und unter fünf Millionen Euro: Sie verbuchten ein Minus von 6,2 Prozent.

Leichte Kostensenkung  

Die Kostensituation der Verlage hat sich 2015 etwas verbessert, da die Ausgaben um 1,1 Prozent reduziert werden konnten. Allerdings fällt das Abschmelzen der Kosten geringer aus als der Umsatzrückgang von zwei Prozent. Die höchsten Kosten fallen für die Herstellung an (33,5 Prozent), gefolgt von den Personalkosten (28,8 Prozent) sowie den Honoraren, die mit 16,1 Prozent angesetzt werden. Es folgen die Kosten für Werbung (8,4 Prozent) und Auslieferung (8,2 Prozent). 

Die Ausschläge der Kostenarten fallen je nach Umsatzgrößenklassen sehr unterschiedlich aus. In Sachen Herstellung konnten durchschnittlich 2,3 Prozent einge­spart werden. Die höchsten Reduzierungen gab es bei Verlagen mit 2,5 bis unter fünf Millionen Euro – fast 30 Prozent weniger flossen bei ihnen in die Herstellung. Mehr Geld dafür zahlten die großen Häuser mit 12,5 bis unter 25 Millionen Euro Umsatz: Sie steigerten ihre Ausgaben um 3,9 Prozent. Gekürzt wurde bei den Vertretern, für die 5,4 Prozent weniger ausgegeben wurden. In den Größenklassen zwischen 500 000 Euro und fünf Millionen Euro betrugen die Einsparungen hier jeweils um die 20 Prozent.

Für ihre Mitarbeiter haben die Verlage im Schnitt 1,5 Prozent mehr bezahlt. Die höchste Steigerung verzeichneten die Verlage mit Einnahmen zwischen 250 000 und 500 000 Euro: Fast zehn Prozent mehr haben diese für ihr Personal berappt. In den Häusern mit Einnahmen zwischen 2,5 und fünf Millionen Euro gaben die Personalkosten hingegen um drei Prozent nach. Schaut man sich die Kostenentwicklung nach Programmschwerpunkten der Verlagshäuser an, so haben insbesondere die Sachbuchverlage mit einem Zuwachs von 8,5 Prozent in ihre Mitarbeiter investiert. Auch Kinder- und Jugendbuchverlage legten mehr Geld fürs Personal auf den Tisch (plus 4,2 Prozent). Eine minimale Einsparung von 0,3 Prozent ergab sich bei den Ratgeberverlagen.

Herstellungskosten sparten die Ratgeberverlage ebenfalls – und hier sogar 8,3 Prozent. Teurer wurde es bei den Fachbuch- und wissenschaftlichen Verlagen, die 6,3 Prozent mehr in die Herstellung investierten. Was die Vertreter angeht, gaben vor allem die Ratgeber, die Fach- und Wissenschaftsverlage sowie die Sachbuchverlage weniger Geld für diesen Vertriebskanal aus (zwischen zehn und 14 Prozent).

Jahresergebnis und Umsatzerwartung  

So viele Zahlen: Was heißt das jetzt unter dem Strich? Bei der Bilanz für das Jahr 2015 sehen knapp 35 Prozent der Verlage ein ­Betriebsergebnis, das sich gegenüber 2014 verbessert hat. Ca. 40 Prozent sprechen von einer Verschlechterung. Das Ergebnis 2015 wird damit merklich schlechter beurteilt als in der vorherigen Schnellumfrage (damals sahen rund 45 Prozent eine Verbesserung für 2014).

Dennoch lassen sich die Verlage ihre Zuversicht nicht nehmen. Für das laufende Jahr rechnen 80 Prozent mit gleichbleibenden oder steigenden Umsätzen, ein Fünftel erwartet sinkende Einnahmen. Beim Blick auf das Jahresergebnis herrscht ebenfalls gute Stimmung: 37,1 Prozent gehen von einem besseren Ergebnis als 2015 aus, 44 Prozent von einem gleich­bleibenden Resultat – und ein Fünftel glaubt, dass das Jahresergebnis schlechter ausfallen wird.