Schweiz

"1,20 Franken sind besser als nichts"

7. September 2011
von Börsenblatt
Um das Exportgeschäft zu stützen, hat die Schweizer Nationalbank am Dienstag zu drastischen Maßnahmen gegriffen - und einen Mindestwechselkurs zwischen Euro und Franken festgelegt. Kann damit auch die Schweizer Buchbranche aufatmen? Fünf Einschätzungen.

Stefan Fritsch, kaufmännischer Geschäftsführer des Diogenes Verlags:

"Der Mindestkurs ist per se eine gute Nachricht  – zumal wir bei Diogenes gleich an mehreren Fronten kämpfen. Weil wir 90 Prozent unserer Umsätze in Euro-Ländern erzielen, verlieren wir durch die Euroschwäche viel Geld. Gleichzeitig ordern immer mehr Schweizer Buchhändler unsere Bücher beim deutschen Grossisten – allein das kostet uns pro Buch 30 Prozent vom Netterlös, während viele Kosten, etwa die Löhne, ja weiterhin in Franken anfallen. Die Festlegung eines Mindestkurses zieht jetzt zumindest ein Netz nach unten ein. Glücklicher wären wir allerdings, wenn sich das Kursverhältnis endlich wieder bei 1,30 bis 1,40 Franken einpendeln würde. Denn das entspricht dem tatsächlichen Kaufkraftverhältnis zwischen Deutschland und der Schweiz. Damit könnten die Verlage wieder stabil arbeiten – und der Buchhandel und der Zwischenbuchhandel auch. Denn wenn die Kunden weiterhin zu Amazon oder ins Ausland abwandern und auch der Buchhandel in Deutschland einkauft, dann ist mittelfristig die gesamte Vertriebsstruktur in der Schweiz gefährdet."

Marianne Sax, Bücherladen Sax, Frauenfeld und Präsidentin des Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verbands:

"Fast täglich steht in der Zeitung, wie günstig man im Ausland einkaufen kann. Außerdem liefert Amazon zu Euro-Preisen in die Schweiz.  Da ist der Mindestwechselkurs zumindest besser als nichts. Wir hatten schon große Sorge, dass es zu einer Kursparität zwischen Euro und Franken kommen könnte, wie sie sich ja zwischendurch schon mal abgezeichnet hat. Im Moment kommen wir mit dem Umzeichnen im Laden gar nicht mehr hinterher, weil die Verlage immer wieder die Preise senken. Unseren Wunsch an die deutschen Verlage kann ich gar nicht oft genug wiederholen: Sie sollten auf den Aufdruck des Euro-Preises verzichten. Viele Kunden beschweren sich bei uns, weil sie die Preise natürlich vergleichen."

Stephan Winiger, Buchhandlung Bider + Tanner in Basel:

"Für uns ist das positiv. 1,40 Franken, wie die Gewerkschaften fordern, wäre mir zwar lieber – aber das wohl nicht finanzierbar. 1,20 Franken ist tief, aber wenigstens wissen wir jetzt, woran wir sind. Durch das Abrutschen des Euro stehen wir deutlich unter Druck: Erträge und Umsätze sinken. Momentan liegen die Nerven bei vielen  blank – vor allem bei Verlagen und im Zwischenbuchhandel. Wir haben immerhin noch die Möglichkeit, in Deutschland einzukaufen – und so die Margenverluste zu kompensieren."

Dani Landolf, Geschäftsführer des Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verbands:

"Eine erfreuliche Meldung – gerade für exportierende Verlage. Alles, was hilft, die Situation zu entschärfen, ist gut."

Andreas Grob, Geschäftsführer des Schweizer Buchzentrums:

"Der Mindestwechselkurs ist eine gute Sache, keine Frage. Diese Entscheidung wird die Situation aller Beteiligten auf dem Buchmarkt erleichtern. Das Problem wird nun eher sein, ob sich der Mindestkurs am Markt so durchsetzen lässt. Aber das erste Ziel wurde ja prompt erreicht: Der Frankenkurs ist gefallen."