Serie: Die Verkehrsordnung - und was sie für die Branche regelt (3)

Auch ein Schutz vor bösen Überraschungen

12. Januar 2017
von Börsenblatt
Werfen Sie doch mal wieder einen Blick in die Verkehrsordnung. Denn dort sind die wichtigsten Handelsbräuche der Branche zusammengefasst. Aber was passiert, wenn vertraglich etwas anderes vereinbart wurde? Damit befasst sich Christina Schorling, Juristin in der Rechtsabteilung des Börsenvereins, im dritten und letzten Teil der Serie.

Was gilt: Verkehrsordnung oder AGB?

Die Bestimmungen der Verkehrsordnung liegen den Geschäften in der Buchhandelsbranche zugrunde, soweit nicht ausdrücklich etwas Abweichendes vereinbart wird. Etwas anderes gilt als vereinbart, wenn die Vertragsparteien sich bei den Vertrags­verhandlungen auf eine andere Regelung geeinigt haben – oder wenn dem Vertrag Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) zugrunde gelegt werden, in denen eine abweichende Regelung enthalten ist.

Als AGB bezeichnet man vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei bei vielen Verträgen verwendet und deren Anerkennung sie vom Vertragspartner fordert. Allerdings muss der Vertragspartner auf die Geltung der AGB ­ausdrücklich hingewiesen werden, und sie müssen ihm auch vorliegen oder zumindest einsehbar sein. Die AGB, gern auch als das "Kleingedruckte" abgetan, müssen nicht widerspruchslos akzeptiert werden; theoretisch könnte über einzelne Regeln in den AGB auch ausdrücklich verhandelt und im Vertrag etwas Abweichendes vereinbart werden.

Auch die AGB unterliegen einer gewissen Kontrolle

Selbst wenn ein Vertrag mit AGB vereinbart wird und die Verkehrsordnung insoweit in den Hintergrund tritt, so verliert sie doch nicht gänzlich ihre Bedeutung. Die Bedingungen der AGB unterliegen nämlich ihrerseits einer gewissen Kontrolle; so dürfen die Klauseln zum Beispiel nicht "überraschend" sein. Und für die Beurteilung, ob eine AGB-Klausel als überraschend einzustufen ist, ziehen die Gerichte als Auslegungshilfe wiederum die Verkehrsordnung heran. Je krasser eine Klausel von der entsprechenden Bestimmung in der Verkehrsordnung abweicht, ­desto stärker ist der Verdacht, dass sie überraschend ist.

Damit die Bestimmungen der Verkehrsordnung ihre Wirkung als Handelsbräuche behalten, müssen sie in der Branche bekannt sein und gelebt werden. Daher: Schauen Sie mal wieder in die Verkehrsordnung. Zur aktuellen Version von 2006 geht es hier.

Lesen Sie auch die beiden ersten Beiträge der Serie:

Die drei Artikel von Christina Schorling basieren auf einem älteren Beitrag von Christian Russ, Preisbindungstreuhänder der Verlage.