Spiegel verlinkt Bestsellerlisten auf Amazon

Eine zweifelhafte Partnerschaft

17. Oktober 2014
von Börsenblatt
Die Praxis ist nicht neu, doch der geschärfte Blick auf Amazons Monopolambitionen lässt sie wie Zynismus erscheinen: "Spiegel Online" verlinkt alle Titel in seinen Bestseller-Listen auf Amazon – nur auf Amazon. 500 Buchhändler, die wöchentlich Verkaufsdaten via "buchreport" für den "Spiegel" sammeln, könnten sich verschaukelt fühlen. Und mit ihnen der gesamte stationäre Buchhandel in Deutschland, der teilweise die "Spiegel"-Bestsellerlisten bewirbt.

Die aktuelle Diskussion ins Rollen gebracht hat die Schriftstellerin Julia Franck, die angesichts der Bestseller-Kooperation des "Spiegel" mit Amazon im Norddeutschen Rundfunk bohrende Fragen stellt: Welche Wirkung hat eine so prominent platzierte Liste auf die Monopolisierung des Marktes? Was verdient der "Spiegel" an der Kooperation? Welche Huckepack-Werbeformen wird Amazon für die Bestseller-Seiten auf Spiegel Online noch ersinnen?

Die Kooperation mit Amazon ist offenkundig ein Affiliate-Programm, bei dem der "Spiegel" von jedem Kauf, der durch eine Verlinkung von Bestseller-Titeln auf Amazon.de ausgelöst wird, verdient. Boersenblatt.net hat den "Spiegel" gefragt, weshalb es keine Verlinkung auf alternative Bezugswege gibt. Katharina Borchert, Geschäftsführerin von "Spiegel Online", erklärt dazu:

"Die Spiegel-Bestsellerliste ist eine beliebte Orientierungshilfe für interessierte Leser und bietet Kaufanreize im stationären Handel ebenso wie im Online-Handel. Wir haben über Jahre über Spiegel Online sogar einen eigenen Online-Shop in Kooperation mit libri.de betrieben sowie immer auch auf andere Bestellkanäle verwiesen. Letztlich hat sich gezeigt, dass Amazon der von den Lesern mit großem Abstand am häufigsten gewählte Bestellweg ist. Deshalb findet sich aktuell nur noch diese Verlinkung in der Liste. Aber zurzeit diskutieren wir intensiv, wie wir es ermöglichen können, den Nutzern der Spiegel-Bestsellerliste auch alternative Bezugswege aufzuzeigen, vor allem in Kooperation mit dem lokalen Buchhandel."

Die Buchhändlergenossenschaft eBuch, die mehr als 600 Buchhändler vertritt, hat sich unterdessen zur "Spiegel"-Amazon-Kooperation geäußert: "Die eBuch stellt ausdrücklich klar, dass Daten ihrer Gruppe daran nicht beteiligt sind."