Tipps von Christian Mikunda, Experte für Ladendramaturgie

Reisewünsche wecken

19. März 2015
von Börsenblatt
Die Reisesaison steht vor der Tür. Wie kleine Signale in der Buchhhandlung Kunden in Ferien- und damit auch in Kauflaune versetzen, erklärt Christian Mikunda, Experte für strategische Inszenierungen am Point of Sale.

Mikunda empfiehlt, bei den Kunden das Kopfkino in Gang zu setzen. In der Reiseabteilung genügen seiner Ansicht nach schon wenige inszenierte Objekte, um den Kunden aus dem Alltagseinerlei herauszuholen. Hier kommen seine Vorschläge, noch mehr Tipps für Ihre Reiseabteilung finden Sie im Börsenblatt Spezial Reise & Sprachen, das am 19. März erschienen ist.

Herr Mikunda, wie kann man die Reisebuchabteilung innerhalb einer Buchhandlung zur Attraktion machen?
Ganz wichtig ist das so genannte „Storytelling“, das Emotionen weckt und das Kino im Kopf sofort auf Trab bringt. Ein „Header“ als dreidimensionales Element funktioniert dabei wie eine Art Zunftzeichen und trägt zur räumlichen Erschließung bei. Das kann ein Globus sein, ein großformatiges Foto von einem Strand bis hin zum „Segelboot“ als Spielecke für die Kinder. Wenige Signale reichen aus. Die Präzision ist entscheidend, um dem Ort seine Emotionalität zu geben.

Das Reisebuch bietet besonders vielfältige positiv besetzte Themen, die sich als Anknüpfungspunkte eignen.
Ja, jeder Thementisch kann mit Artefakten zum jeweiligen Thema als zentrale Attraktion inszeniert werden. Es gibt eine wunderbare Bandbreite an reiseaffinen Produkten, wie sie beispielsweise in den „Flight 001“-Concept Stores präsentiert werden, die als Hingucker dienen. Sie können den Betrachter zum Träumen anregen, Erinnerungen wachrufen und Wünsche wecken - ihn in eine regelrechte Halbtrance versetzen: Der Kunde steht ganz versonnen vor einem Thementisch. Hier liegt eine große Chance für den Buchhandel: Dem Kunden die Gelegenheit bieten, aus dem Alltag auszusteigen, das Handy auszustellen, etwas wegzudriften. Das Thema Reise kann dazu kräftig beitragen.

Das emotionale und haptische Erleben hat das stationäre Sortiment dem Online-Handel voraus. Wie kann der Buchhändler dieses Plus noch stärker betonen?
Buchhändler haben idealerweise eine große Affinität zu ihrem Produkt, sind möglicherweise selbst Vielreisende. Sie können Insider-Tipps geben und mit ihrer eigenen Begeisterung anstecken. Neben der offiziellen Kommunikation geben sie ihr Wissen im Gespräch weiter, diese „geheime Information“ unterstreicht die Kompetenz und verstärkt die emotionale Bindung des Kunden an die Buchhandlung. Auch handgeschriebene Empfehlungszettelchen, die in den Büchern stecken, können zum Beispiel diesen Effekt schaffen. Ebenfalls eine Möglichkeit, das Produkt nahbarer zu machen: Verleger und Autoren am POS vorstellen und dadurch Empathie erzeugen.

Das klingt nach der Stärke, die besonders dem inhabergeführten Sortiment von jeher immanent ist. Liegt der Schlüssel also in der Besinnung auf alte Werte?
Buchhandlungen waren früher wahre Wunderkammern, wahnsinnige Orte zum Stöbern. Zukünftig wird sich das Glatte, das moderne Buchhandlungen lange Zeit ausmachte, wieder eher ins Gegenteil verkehren. Allerdings sind die Zeiten allgemein vorbei, in denen der Point of Sale von allein funktionierte: Er muss immer wieder neu bespielt werden. Veranstaltungen haben dabei eine wachsende Bedeutung. Das Budget ist eher nebensächlich: Ein gutes dramaturgisches Event wie „Nachts in der Buchhandlung“ lässt sich mit wenig Geld umsetzen. Vor allem geht es darum, die Buchhandlung emotional erlebbar zu machen.