Training für das Vorstellungsgespräch

Tag der Entscheidung

7. Mai 2018
von Börsenblatt
Vorstellungsgespräche sind die letzte und größte Hürde auf dem Weg zum neuen Job. Karriereexpertin Ute Blindert diskutiert in ihrem Buch alle wichtigen und scheinbar nebensächlichen Fragen, mit denen sich Bewerber auseinandersetzen sollten.

Bücher über Vorstellungsgespräche gibt es zuhauf. Trotzdem hat die Karriereexpertin Ute Blindert ein weiteres geschrieben: "Die 157 wichtigsten Arbeitgeberfragen im Vorstellungsgespräch" (BusinessVillage, 220 S., 9,95 Euro).

Der Titel des Buchs, das nach wenigen Monaten bereits die zweite Auflage erreicht hat, ist etwas verkürzt. Denn bei Blindert geht es nicht nur um Fragen, die der potenziell künftige Chef beim gegenseitigen Kennenlernen stellen könnte. Sie diskutiert ganz praktische Punkte, die Bewerber in ihre Vorbereitung einbeziehen sollten: Was ziehe ich an? Lasse ich mir etwas zu trinken geben? Wo setze ich mich hin? Wem gebe ich die Hand, und in welcher Reihenfolge? Sie gibt Empfehlungen für Körpersprache und Mimik (bei Gehaltsvorstellungen den Blick in die Runde schweifen lassen, sofern man mehreren Personen gegenübersitzt) und bewertet verschiedene Sitzhaltungen nach ihren Vor- und Nachteilen.

Der Leser bekommt auch einen Einblick in die verschiedenen Prämissen und Arbeitsweisen bei der Personalauswahl: "Manche Unternehmen wollen sich im Vorstellungsgespräch einfach nur mal einen Eindruck verschaffen ('Was sind Ihre größten Stärken?') und entscheiden nach Bauchgefühl. Andere setzen Eignungsdiagnostik ein und prüfen ihre Bewerber anhand empirisch belegter Methoden zur Personalauswahl." Die Teilnehmer sind darauf geschult, keine Miene zu verziehen, um die Neutralität des Verfahrens nicht zu gefährden.

So oder so, zunächst einmal ist es schon ein großer Erfolg, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden, wie Blindert betont. Gerade bei Online-Bewerbungsverfahren sorgen oft voreingestellte Filter dafür, dass eigentlich geeignete Kandidaten direkt aussortiert werden. Wer es geschafft hat, einem echten Menschen gegenüberzusitzen, bekommt "keine zweite Chance für den ersten Eindruck".

Entsprechend perfektionistisch sollte man sich vorbereiten. "Sie müssen sich selbst und Ihre Wünsche und Ziele gut kennen. Und Sie müssen sich mit dem Anforderungsprofil der Stelle, dem Unternehmen und Ihren potenziellen Kollegen auseinandergesetzt haben." Informationen über das Unternehmen sammelt man am besten über Plattformen wie "kununu" oder "glassdoor". Ute Blindert, nach eigenen Angaben Expertin für Networking im digitalen Zeitalter, empfiehlt, auch Social-Media-Kanäle zu nutzen, um mehr über den Arbeitgeber zu erfahren, statt langwierige Bewerbungsverfahren abzuwarten. Denn eine Absage kommt meist ohne Erkenntnisgewinn. "Blackbox" nennt sie die Bewerbungsprozesse aus Sicht der Aspiranten, genährt durch Mythen – auch im Netz.

Wer all das berücksichtigt und noch dazu die eigenen Profile bei Berufsnetzwerken wie Xing oder LinkedIn auf dem neuesten Stand hält, muss "nur noch" an seiner Persönlichkeit feilen. "Man kann nicht alle Antworten parat haben und auch nicht immer die ideale Antwort liefern. Aber man kann sich um eine selbstbewusste Haltung bemühen", so Blindert. Dies impliziert, kein Bittsteller zu sein, zu wissen, wo die eigenen Stärken liegen – und die Schwächen. Und genau zu wissen, was man will und was man dafür anbieten kann: ein Profil mit Ausbildung, Erfahrungen, Kenntnissen, Erfolgen und/oder Auszeichnungen.
Bluffen ist erlaubt, meint Blindert, aber keinesfalls lügen. Man könne durchaus seine Fähigkeiten in Bezug auf die aktuell vom Unternehmen gesuchten Kompetenzen herausstellen. Dann genügt es womöglich, der Firma zunächst einmal nur das Gefühl zu geben, die Aufgaben bewältigen können.

Manchmal entscheiden ohnehin ganz andere Faktoren, ob man einen Job bekommt oder nicht. Wer seine Hobbys in den Bewerbungsunterlagen angibt, riskiert, dass sie zum Thema im Gespräch werden. Dies kann aber auch eine Chance sein. Ist der zukünftige Abteilungsleiter zufällig auch passionierter Motorradfahrer, hat man schon einen wichtigen Anknüpfungspunkt.