Umfrage

Die VG Wort-Entscheidung - ein Lichtblick für die Verlage?

1. Dezember 2016
von Börsenblatt
Die VG-Wort-Mitglieder haben am vergangenen Samstag ein kollektives Verrechnungsverfahren beschlossen: Es soll Verlagen die Möglichkeit geben, Autoren um die Abtretung von Ansprüchen zu bitten, und auf diese Weise die Rückforderungen der Verwertungsgesellschaft zu reduzieren. Boersenblatt.net hat Verlegerinnen und Verleger gefragt, was sie von dieser Lösung halten.

Jörg Sundermeier, Verbrecher Verlag

"Dass die Mitglieder der VG Wort nun beschlossen haben, dass Autorinnen und Autoren ihre Ansprüche an die Verlage abtreten können, ist eine große Erleichterung, gerade für die unabhängigen Verlage, also auch für den Verbrecher Verlag. Und es ist ein Zeichen dafür, dass die Autorinnen und Autoren sich eben nicht von ihren Verlagen trennen lassen wollen.

Das ist, auch wenn das grundsätzliche Problem der Vergütungsregelung damit noch nicht geklärt ist, schon mal ein sehr schönes Zeichen, für das ich sehr dankbar bin."

Florian Simon, Duncker & Humblot

Boersenblatt.net: Ist das ein Lichtblick für die Verlage?
"Die durchaus positive Entwicklung einen Lichtblick zu nennen, ginge dann wohl doch etwas zu weit. Wenn man aber Sympathien für die VG Wort als gemeinsame Interessenvertretung von Urhebern und Verlagen hat, so könnte man wegen der – vorerst – verhinderten Implosion eine gewisse Freude empfinden. Es wird deutlich, dass die behauptete Spaltung von Urhebern und Verlagen bei weitem nicht so groß ist, wie eine kleine, aber laute Gruppe immer behauptet hat."

Boersenblatt.net: Entspannt sich dadurch auch die Lage bei Duncker & Humblot?
"Gehen Sie von Entspannung als natürlichem Gemütszustand in unserem Verlag aus. Aber im Ernst: Die anstehende Rückzahlung schmerzt unzweifelhaft. Die gerissene Lücke werden wir zu füllen haben. Einsparungen in allen Bereichen stehen an."

Boersenblatt.net: Sind Sie zuversichtlich, dass Politik und Gesetzgeber alsbald eine Lösung für die Verlegerbeteiligung finden?
"Das steht zu hoffen. Allerdings tut man sich im BMJ mit dieser Materie aus verschiedenen Gründen schwer. Noch längeres Zuwarten wäre fatal. Käme es ohne diese Rechtsgrundlage zu einem Verteilungsplan ohne Berücksichtigung der Verlage, ist die VG Wort dann wohl ein Fall für die Geschichtsbücher."

Dietrich zu Klampen, zu Klampen Verlag

"Uns hilft das Verrechnungsmodell nicht mehr. Wir haben uns entschlossen, die Rückforderung der VG Wort mit einem Schlag zu begleichen und die eigentlich für dieses Jahr geplante Rückzahlung eines Darlehens zu verschieben. Unseren Autorinnen und Autoren gönnen wir die Nachzahlung von Herzen, wir im Verlag müssen weder Bittbriefe schreiben noch Aufklärungsgespräche führen und sparen so Zeit für unsere eigentlichen Aufgaben. Das können wir allerdings nur, weil dieses Jahr für uns trotz aller widrigen Bedingungen ein ganz besonders gutes Jahr war. Glück gehabt!"

Britta Blottner, Blottner Verlag

"Dass sich durch das kollektive Verrechnungs­modell die Zahlungsfristen verlängern, ist für uns Glück im Unglück. Erfahrungen mit dieser Lösung konnten wir bereits bei der VG Bild-Kunst sammeln. Hier haben wir Autoren gebeten, uns den Anteil abzutreten – und viel Unterstützung erfahren. Persönliche Autoren­betreuung macht sich nicht zuletzt in solchen Situationen bezahlt. Natürlich hoffe ich, dass der Gesetzgeber jetzt eine Regelung für die Zukunft findet, aber mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl 2017 wird daraus wohl so schnell nichts werden."

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Michael Hechinger, Buske Verlag

"Von einem Lichtblick würde ich nicht sprechen, eher von einem Hoffnungsschimmer. Wir hatten schon die fristgerechte Überweisung der gesamten Rückforderung vorbereitet, haben jedoch nach der Zustimmung, die das kollektive Verrechnungsmodell auf der letzten VG-Wort-Mitgliederversammlung erhalten hat, zunächst die 'Erklärung und Verjährungsverzichtserklärung' gegenüber der VG Wort abgegeben und werden baldmöglichst unsere Autorinnen und Autoren in Sachen Abtretungserklärung anschreiben. Selbstverständlich ist es eine Erleichterung, dass der für Buske nicht unerhebliche Rückzahlungsbetrag mindestens bis zum Frühjahr 2017 auf unserem Konto verbleiben kann, und wir auf eine Reduzierung der Rückforderung hoffen dürfen.

Angesichts der Diskussion, die seit Verkündung des BGH-Urteils geführt wird, des breiten politischen Konsenses und der gesetzgeberischen Initiativen auf nationaler und europäischer Ebene bin ich zuversichtlich, dass im Laufe des kommendes Jahres eine Verlegerbeteiligung beschlossen wird, die dann auf einem rechtlich festen Fundament steht."

Christoph Links, Links Verlag
 
"Dass wir jetzt bei den Autoren betteln gehen müssen, ist eine sehr kleine Lösung für ein großes Problem. Es hätte längst eine gesetzliche Regelung geben müssen – vom Börsenverein bin ich in diesem einen Punkt enttäuscht. Er hat zwar viele Gespräche geführt, auch über einen Hilfsfonds, aber bislang ohne Ergebnis. Wir müssen 51 000 Euro zurückzahlen, und ohne die 26 000 Euro vom Kurt-Wolff-Preis, den wir im Frühjahr bekommen haben, wüssten wir gar nicht, wie wir das schaffen sollten. Künftig werden uns gut 15 000 Euro aus den VG-Wort- und VG-Bild-Kunst-Einnahmen fehlen. Erste Schritte sind, die Titelzahl zu reduzieren und den Messestand in Frankfurt zu verkleinern."

Günther Butkus, Pendragon Verlag

"Leider ist in Deutschland der Trend erkennbar, dass wir es viel zu oft mit Politikern und Juristen zu tun haben, die nicht wissen, was Verlage tatsächlich leisten, und wie es wirtschaftlich den meisten kleineren und mittleren Verlagen geht.

Das kollektive Verrechnungsmodell werden wir nicht in Anspruch nehmen. Zudem befürchte ich, dass es den Verlagen in der Öffentlichkeit negativ ausgelegt wird, wenn Autoren anonym Vergütungsansprüche abtreten. Es ist für die Zukunft betrachtet auch nicht gesund für das Verhältnis zwischen Verlagen und Autoren. Was wir brauchen, ist eine schnelle und gute gesetzliche Neu­regelung, aber da bin ich allenfalls vorsichtig optimistisch."

Alfred Klemm, Kröner Verlag

"Sicherlich ist es ein positives Zeichen, dass das kollektive Verrechnungsmodell zustande gekommen ist. Der Aufwand, den der Verlag betreiben muss, um die finanziellen Einbußen etwas zu reduzieren, ist aber gewaltig, weshalb ich die wirtschaftliche Komponente dieses Beschlusses als nicht so bedeutsam ansehe. Anders ist es aber mit der Signalwirkung, die von diesem einträchtigen Auftreten von Autoren und Verlagen ausgeht. Hier habe ich nun doch die Hoffnung, dass der eine oder andere Politiker seine Maxime, 'den Verlagen nehmen bedeutet den Autoren geben', überdenkt. Natürlich müssen die Verlage aber auch das Vertrauen der Autoren rechtfertigen, dass an ihren Texten auch tatsächlich gearbeitet wird, um schließlich das Optimum zu erreichen. In den letzten Jahren wurde hier von vielen Verlagen viel Kredit verspielt, worunter letztlich die gesamte Branche zu leiden hat."

Armin Gmeiner, Gmeiner Verlag

"Wir freuen uns, dass es letztendlich zu diesem Beschluss gekommen ist, denn ein solches geordnetes Verfahren macht vieles einfacher. Zudem ist damit ein Aufschub der Rückzahlungen verbunden, was im Hinblick auf die jetzt anstehenden großen Druckproduktionen ein durchaus positiver Begleiteffekt ist. Auch wir werden an dem kollektiven Verfahren teilnehmen, ohne natürlich zu wissen, wie viele Autoren tatsächlich Vergütungsansprüche abtreten werden.

Dass sich Autoren und Verleger in der Mitgliederversammlung auf einen gemeinsamen Weg einigen konnten, macht uns auch Hoffnung für die Zukunft. Zumal sich der Gesetzgeber des Problems der Verlegerbeteiligung bereits sehr bewusst ist und seinen Willen deutlich geäußert hat, schnellstmöglich eine Lösung für alle Beteiligten zu finden, was für uns von essentieller Bedeutung ist."