Urabstimmung in Bad Hersfeld

Amazon erwartet Streikwelle

23. April 2013
von Börsenblatt
Nachdem in Leipzig bereits 97 Prozent der Verdi-Mitglieder für einen Arbeitskampf gestimmt hatten, stehen derzeit in den Versandzentren FRA 1 und FRA 3 die Gewerkschafter vor den Werkstoren.
Seit gestern läuft die Urabstimmung an den beiden Versandzentren in Bad Hersfeld – dem größten Standort Amazons in Deutschland. Am Freitag um 16 Uhr soll laut Verdi-Informationen die Urabstimmung beendet sein, danach werden die Stimmen ausgezählt. Spätestens nächste Woche wird das vermutlich bedeuten, dass Amazon sich auch in Bad Hersfeld auf einen Arbeitskampf einstellen muss. Dass weniger als 75 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder gegen einen Streik stimmen, gilt als unwahrscheinlich, denn die Verhandlungen über einen angemessenen Tarifvertrag waren von Amazon nicht eingestellt, sondern noch nicht einmal aufgenommen worden.

Schwer vorstellbar, dass die Belegschaft in Bad Hersfeld darum anders abstimmen wird als deren Kollegen in Leipzig Ende März. „Wir haben alle Kommunikationsmöglichkeiten ausgeschöpft", teilt ein Verdi-Sprecher mit. Briefe, Verhandlungsangebote – mitunter mache sich Amazon nicht einmal die Mühe zu antworten.

Als Indikator für die Streikbereitschaft gilt, dass auf der Betriebsversammlung im Januar in Bad Hersfeld 2.494 Stimmzettel abgegeben worden waren. 2032 Mitarbeiter (82 Prozent) hatten dort für die Einführung eines Tarifvertrags gestimmt. Nun liegt es an der Gewerkschaft, Taten folgen zu lassen. „Eine Abweichung von der Belegschaftsmeinung wäre doch eher ungewöhnlich", heißt es dazu von Verdi. Die Gewerkschaft, die die genaue Zahl ihre Mitglieder in Bad Hersfeld geheim hält (die Zahl liegt zwischen eher an der 1.000 als an 500) fühlt sich allerdings „mächtig genug, um den Arbeitskampf aufzunehmen." Nicht zuletzt deshalb, weil es seit dem Warnstreik in Bad Hersfeld am 9. April zahlreiche Neueintritte gegeben habe.

Für zusätzliche Aufregung hat die folgenreiche HR/ARD-Berichterstattung über den Einsatz von Leiharbeitern gesorgt, die einen massiven Imageschaden für den Versandhändler zur Folge hatte.