Verabschiedung von Johannes Scherer

"Das Langzeitgedächtnis aus Stuttgart nimmt seinen Abschied"

20. Juli 2015
von Börsenblatt
Launige Reden, sentimentale und unsentimentale Rückblicke auf ein bewegtes Berufsleben, gut 200 Gäste aus der Buchbranche und dem baden-württembergischen Wirtschaftsleben: Johannes Scherer, 30 Jahre lang Geschäftsführer des Landesverbands Baden-Württemberg, ist heute im Stuttgarter Haus der Wirtschaft in den Ruhestand (mit 67!) verabschiedet worden.

Es war gar nicht so leicht, zur Hauptperson des Tages vorzudringen. Die Gäste standen gesittet in der Schlange, um persönliche Worte mit Johannes Scherer zu wechseln und ihre Abschiedsgeschenke zu überreichen.

Im daran anschließenden Festakt, der so gar nichts gemein hatte mit manch langweiliger Abschiedsfeier, durfte herzlich gelacht werden. Etwa als Thomas Lindemann, Vorstandsvorsitzender im Ländle, beschrieb, dass er hier heute nur die Laudation halte, „um mich zu überzeugen, dass Herr Scherer auch wirklich aufhört". Oder als der Verleger ausmalte, wie er schon mehrmals als Beifahrer mit Scherer von Stuttgart nach Frankfurt und wieder zurück gerauscht ist („Mit Tempo 240, und ich habe es überlebt, wenn auch mit verschwitztem Hemd."). Doch den scheidenden Geschäftsführer nur in Anekdoten zu würdigen, wäre deutlich zu kurz gegriffen. Lindemann hob Scherers „unermüdlichen Einsatz für die Verbandsmitglieder" hervor. Er habe sich an 366 Tagen im Jahr für sie stark gemacht. Der „Überredungskünstler" sei ein „verlässlicher Partner" und „exzellenter Kaufmann", stets „best informiert", ein „Strippenzieher" und „Regisseur".

Auch Konrad Wittwer, der lange Jahre den Vorstand in Baden-Württemberg geführt hatte, fand lobende Worte. Scherer habe etwa die Stuttgarter Buchwochen und die Karlsruher Bücherschau zu „nicht mehr wegzudenkenden Kulturinstitutionen" gemacht. Auch habe er den Verband in Richtung Börsenverein bestens vertreten und „Hervorragendes geleistet". Scherers Leben habe sich viel in Tagungsräumen, Hotels und auf Autobahnen abgespielt, stets im Dienste für seinen Verband.

Ein weiterer Weggefährte, Jobst-Hubertus Bauer, Justiziar des Verbands, würdigte den Gourmet und Weinkenner Scherer, genauso wie den geschickten Verhandlungspartner in etlichen Tarifvertragsverhandlungen. Und auch Bauer wusste genau zu begründen, warum er eine Laudatio hielt. In Anlehnung an Manfred Rommel, ehemals Oberbürgermeister von Stuttgart, sagte er: „Ehret die Alten, bevor sie erkalten" - und hatte damit die Lacher auf seiner Seite.

Scherer selbst schließlich, für den es eine Premiere war, „bei meinen eigenen Abschied zu sprechen", verriet, dass er und seine Familie eigentlich gar nicht so lange in Stuttgart („in den 80-ern ein verschlafenes Nest") hätten bleiben wollen. Doch sein Job sei so interessant gewesen und Stuttgart habe sich so entwickelt, dass aus den angedachten fünf Jahren sechs Mal so viele geworden seien.

„Das Langzeitgedächtnis aus Stuttgart nimmt nun seinen Abschied", meinte er schmunzelnd. Der ein oder andere im Börsenverein werde darüber bestimmt sehr froh sein. Scherer dankte seinen langjährigen Begleitern im Haupt- und Ehrenamt für den großen Einsatz, ganz besonders aber bedankte er sich bei seiner Familie, die ihn immer unterstützt habe.

Und weil Scherer schon viele Pläne für seinen Ruhestand hat (eine Kreuzfahrt unternehmen, Golf spielen etc.), aber nicht wirklich von der Bildfläche verschwinden wird, verteilte er sogleich seine neuen Visitenkarten: Scherer & Partner Consulting ist darauf zu lesen. Auf Nachfrage hat er schon einmal so viel verraten: Man kann ihn buchen, nicht nur in geschäftlichen Fragen, sondern auch für Weinverkostungen und die Degustation anderer Köstlichkeiten; eben für all das, was ihn auszeichnet.