Verlage bei der Jahrestagung der LG Buch in Münster

"Unser Erfolg ist der, den Sie uns bescheren"

13. Juni 2016
von Tamara Weise
Partnerverlage loben die LG Buch: Das gehört für die Genossenschaft mittlerweile zum Business as usual, wie sich bei der Jahrestagung am vergangenen Wochenende zeigte – und das zahlt sich aus. Zum dritten Mal in Folge erhalten die Mitglieder eine Dividende. Ein Bericht.

Das Thema Nummer eins bleibt für die LG Buch das gleiche wie eh und je – die Zusammenarbeit mit Verlagen. Allerdings hat sich dabei manches verändert: Klagen über Umsatzdellen oder mangelndes Engagement von Seiten der Partnerverlage, wie sie noch vor einiger Zeit fester Bestandteil der Jahrestreffens der Genossenschaft waren, gab es diesmal nicht. Der Ton, in dem Verlage und LG Buch-Händlern miteinander reden, ist weicher geworden, freundschaftlich, offen, kollegial.

Buchhandlung Melchers wird Suhrkamp-Buchhandlung des Jahres 2016

Unter diesen Vorzeichen begann am vergangenen Freitag dann auch das Jahrestreffen 2016 in Münster (bis 12. Juni), an dem rund 120 Mitglieder, Partner und Gäste teilnahmen. Coppenrath, ab Juli als neuer Partnerverlag an Bord, öffnete seine Räume; im Stadthotel, wo dann die Tagung stattfand, war auch Edel als neuer Partner dabei (der Vertrag beginnt ebenfalls zum 1. Juli), ArsEdition, Aufbau und Diogenes kamen, Dorling Kindersley, Hueber und Klett, KV&H, Moses und Oetinger, Thienemann und andere. Suhrkamp war zwar nicht persönlich vertreten, schickte dennoch ein kleines Geschenk und  einen bunten Strauß Blumen für die Suhrkamp-Buchhandlung des Jahres 2016: die Buchhandlung Melchers aus Bremen – Inhaberin Irene Nehen, die von der Auszeichnung erst in Münster erfuhr, fehlten die Worte.

Dass die LG Buch heute einen anderen Stand bei Verlagen hat als noch vor sieben oder acht Jahren, nicht mehr so sehr aus einer Verteidigungshaltung heraus agieren muss, hat aus Sicht von Michael Fürtjes, geschäftsführender Vorstand der Genossenschaft, viele Gründe  – vor allem jedoch einen: Verlage setzten heute auf ein breites Vertriebsnetz, suchten Kontakt zu erfolgreichen, unabhängigen Buchhandlungen und schauten deshalb auch bei der LG Buch nicht mehr nur auf die verpflichtende Warenabnahme, sondern aufs große Ganze. Fürtjes: „Wenn sich ein Verlag entschließt, mit einem Verbund zusammenzuarbeiten, dann ist ihm bewusst, dass er damit seine Vertriebsstruktur stärkt.“

Und das ist, wie es aussieht, auch gut für die Zahlen: Zum dritten Mal in Folge will die Genossenschaft eine Dividende an ihre Mitglieder – 170 Buchhandlungen an gut 200 Standorten – ausschütten (siehe Vorabmeldung: Mitglieder erhalten wieder eine Dividende).

Mehr Verlage an Bord

Ohne ein entsprechendes Titelangebot, und ohne den Willen zu einer engeren Zusammenarbeit, wäre das wohl kaum möglich. Mehr als 60 Verlage gewähren LG Buch-Mitgliedern heute bessere Konditionen als im Normalfall, allein seit 2009 seien 28 neu hinzu gekommen, erklärt Fürtjes. „Für die meisten unserer Mitglieder ist die Mischung an Verlagen nahezu ideal.“ Dass Bastei Lübbe sich anders entschieden und seinen Vertrag mit der LG Buch wieder gelöst hat, scheint unter dieser Bedingungen niemand zu stören: Offiziell fiel der Name in Münster nicht ein einziges Mal.

Edel und die Bücherpreise: "Das bringt uns in Erklärungsnot"

Dafür jedoch machten andere von sich reden: Matthias Zehnder etwa, Vertriebsleiter bei Edel (Dr. Oetker, Eden Books, Moewig, ZS u.a.) – der in seiner kurzen Willkommensansprache die neue Partnerschaft mit der LG Buch feierte und die Buchhändler schon einmal für ihren Einsatz lobte („Unser Erfolg ist der, den Sie uns bescheren“); der den inhabergeführten Charakter der Edel-Gruppe ein ums andere Mal betonte und dann doch ins Fettnäpfchen trat.

Zehnder gab den LG Buch-Händlern einen Einblick in die aktuellen Preispläne des Verlags – um den unterschiedlichen Bedürfnissen am Markt nachzukommen, wolle man künftig unterschiedliche Varianten von Titeln vorlegen – je nach Vertriebskanal. Iris Hunscheid (Buchhandlung Hoffmann / Achim; Buchhandlung Jost/Bonn; AkS-Specherkreis) ließ ihn gerade noch ausreden, bevor sie klarstellte: „Das bringt uns bei unseren Kunden in Erklärungsnot.“ Zehnders Reaktion: Er lenkte umgehend ein – versprach, nichts zu entscheiden, ohne den Handel nach seiner Meinung gefragt zu haben. 
 
Doris Giesemann, Marketing- und Vertriebs-Chefin bei Dorling Kindersley, berichtete auf dem Podium von ihrem ersten Jahr mit der LG Buch. „Wir haben es uns nicht leicht gemacht mit einer Partnerschaft“, gestand sie - und dass die "Erwartungen übererfüllt“ wurden. Auf diesem Weg soll es nun weitergehen. Giesemann: „Wir tun ziemlich viel für Sie. Lassen Sie uns in Ruhe mal darüber reden, was wir noch mehr tun können.“ 

Aufbau - Verlag des Jahres

Für den Verlag des Jahres – Aufbau – kam Gunnar Cynybulk nach Münster. Lässig erzählte der Verleger Anekdoten aus der Aufbau-Geschichte, über Hans Fallada und Olga Grjasnowa (die zu Aufbau wechselt), über Alteigentümer Bernd Lunkewitz und seinen heutigen Chef Matthias Koch. Zwischendrin polterte er zwar mal drauflos (mit Blick auf das VG Wort-Urteil: „Alle, die behaupten, wir seien nur Verwerter, sind Dummköpfe und gefährliche Ignoranten“), wurde dann aber schnell wieder versöhnlich, verteilte Komplimente („das Sortiment ist unser natürlicher Verbündeter“). Sein Appell an die LG Buch-Händler: „Bei Aufbau geht gerade was, gehen Sie doch einfach mit.“

Fortsetzung folgt: Zentrale Logistik bei Umbreit kommt wieder auf die Tagesordnung 

Die LG Buch, daran ließ Michael Fürtjes keinen Zweifel, hat mit den Verlagen noch viel vor – will aber auch mit Umbreit endlich weiterkommen. Schon seit Jahren reden LG Buch und das Barsortiment über die Ausweitung ihrer Partnerschaft, sie denken über einen zentralen Wareneingang nach, haben auch schon längst eine Machbarkeitsstudie erstellt. Dass bislang nichts passierte, bedeute aber nicht, dass das auf immer so sein werde, so Fürtjes - man habe „das Thema nicht in die Schublade gelegt“. Noch im Sommer wolle man sich erneut mit Umbreit treffen und ausloten, wie er sagte, „ob wir mit drei interessierten Buchhandlungen eine Pilotphase starten können.“
  

Schwerpunkt des Tagungsprogramms bildeten Tipps für den Alltag im Laden; es gab Vorträge von Profis – aber auch Best Practice-Geschichten der Mitglieder:

  • Irene May-Menninger und ihre Tochter Anna Menninger aus Heppenheim schilderten den langen Weg ihres Erfolgs in der Buchhandlung May und wie sich seit dem letzten Umzug das Profil der Buchhandlung gewandelt hat;     
  • Torsten Lager aus Hamburg berichtete über den Umbau seiner Bücherstube Fuhlsbüttel und der neuen Filiale im Stadtteil  Langenhorn (Bücherstube Langenhorn);
  • Patrick Musial („Wir hinterfragen alles“) stellte per Videobotschaft die Traditionsbuchhandlung Musial in Recklinghausen vor.

Weiterbildung in puncto Deutsch als Fremdsprache (DaF) ermöglichte Marion Grein von der Uni Mainz.  Ihr Vortrag zielte darauf ab, den Buchhändlern zu erklären, worauf es ankommt, wenn Flüchtlinge die deutsche Sprache erlernen wollen – und auf was sie nicht setzen sollten (z.B. das sogenannte Tannhäuser Modell; die meisten Apps hält sie für zu kompliziert).

Wie Verlage, in diesem Fall die LG Buch-Partner Hueber und Klett die Sache angehen, welche Erfahrungen Lehrer und Buchhändler machen: Das war auch Thema einer Podiumsdiskussion – mit Marion Kerner, stellvertretende DaF-Redaktionsleiterin bei Hueber, Herbert Bornebusch, Geschäftsführer von Klett-Langenscheidt, der Lehrerin Elisabeth Collini und den Buchhändlerinnen Uschi Einberger (Peissenbuch, Peißenberg) und Doris Müller-Höreth (Buchhandlung Pelzner, Nürnberg).

Sortimentsberater Jörg Winter, der LG Buch gut vertraut, bekam diesmal die Aufgabe, Grundsätzliches zu sagen – über Marketing im Buchhandel. Winter appellierte an seine Zuhörer, sich die richtigen Fragen zu stellen, besonders diese, die Schlüsselfrage: Wie machen wir unsere Läden interessanter? Winter präsentierte Know-how, Ideen und Beispiele.