Von der Bücherwand

Kollegenrabatt in Zeiten des Online-Handels

10. Juni 2009
von Börsenblatt
Kollegenrabatt ist die höfliche, gegenseitige Anerkennung des anderen Antiquars. Aber wie überträgt man diesen Brauch aus guter, alter Zeit angemessen auf den Online-Handel? Ein Vorschlag von Rainer Friedrich Meyer, Antiquar in Berlin.

Zuerst meine persönliche Meinung: Ich betrachte Kollegenrabatt als die höfliche, gegenseitige Anerkennung des anderen Antiquars – als Gleichgestellten, als Respektbezeugung, sozusagen als Visierhochklappen zweier (Raub-)Ritter auf dem Pfad der Bibliophilie.

Die gute alte Zeit: In ihr erstellten wir Kataloge, saßen tage- und wochenlang an der Schreibmaschine, später am Computer, gaben die Titelbeschreibungen ein, saugten uns Preise aus den tippwunden Fingern oder schlugen die einschlägigen Kataloge der Kollegen und Auktionshäuser nach, was sie zu dem Buche meinten, benutzten die Handbibliothek. Dann wurde Korrektur gelesen, gingen die fertigen Titelaufnahmen in den Satz oder wurden sauber abgetippt, der Drucker verrichtete sein Werk, die Post das ihre. Bestellte ein Kollege aus diesem Produkt antiquarischen Fleißes, so erhielt er trotz der Kosten, die sich mittlerweile aufgetürmt hatten, den vollen Rabatt. Es war also eine wirkliche Einkommenseinbuße.

Heute: Bestellt ein Kollege über irgendeines der Mitgliedermenüs oder direkt, so wird ihm in den meisten Fällen (von den anderen schweige ich, diese unkollegialen Kollegen sollen verflucht sein und an ihrer Knauserigkeit ersticken!) der übliche Rabatt eingeräumt – obgleich der rabattgewährende Kollege die Provision spart. Am Ende ist je nach Provisionsmodell der Verlust des rabattgewährenden Antiquars fast Null: was er der Plattform nicht abführen muß, gewährt er grad mal dem Kollegen. Das, sehr geehrte Mitantiquare, betrachte ich nicht als Respektbezeugung unter Gleichgestellten.

Schlußfolgerung: Bei allen Kollegen, die über eines der Mitgliedermenüs bestellen, werde ich in Zukunft automatisch den Preis der Plattform durch den auf meiner eigenen Angebotseite ersetzen und darauf den üblichen Kollegenrabatt gewähren. Ich hoffe, es werden sich weitere Antiquare meiner Ansicht anschließen. Wenn die Preise auf der eigenen Seite nicht reduziert sind, schlage ich einen erhöhten Kollegenrabatt von mindestens 15 Prozent vor.

Rainer Friedrich Meyer