Widerrufsrecht

Printwerbung nur mit Abdruck vollständiger Widerrufsbelehrung

14. August 2015
von Börsenblatt
Eine Entscheidung Landgerichts Wuppertal vom 21. Juli (Az. 11 O 40/15) sorgt für Wirbel im Bereich der Werbung mit Katalogen, Bestellpostkarten und -Flyern. Geklagt wurde gegen einen Händler, der einen mehrseitigen Werbeprospekt verwendete − inklusive Antwort- und Bestellkarte. Auf der Karte wurde nur darauf hingewiesen, dass das Widerrufsrecht besteht, nähere Einzelheiten wurden nicht genannt. Die Rechtsabteilung des Börsenvereins erläutert die wichtigen Aspekte für den Buchhandel.

Nicht abgedruckt waren in dem Werbeprospekt etwa Fristen, Bedingungen, Verfahren und das Muster-Widerrufsformular des Widerrufsrechts. Die Rechtsabteilung des Börsenvereins fasst die für den Buchhandel zusammenhängenden Aspekte zusammen:

Was ist der rechtliche Hintergrund der Entscheidung?

Nach den gesetzlichen Regelungen zum Widerrufsrecht muss ein Händler im Bereich des Fernabsatzes immer über das Widerrufsrecht und die näheren Einzelheiten dieses Rechts informieren. Zum Fernabsatz gehören nicht nur Webshops, sondern auch Postkarten, Kataloge und Flyer, auf denen eine Bestellmöglichkeit eröffnet wird. Um in rechtlich nicht zu beanstandender Weise für das Widerrufsrecht zu belehren, hat der Gesetzgeber eine Muster-Widerrufsbelehrung entworfen, die man an die jeweiligen Begebenheiten seines Geschäfts anpassen kann. Verwendet man diese Belehrung, ist man vor Abmahnungen sicher.

Welches Problem stellt sich für Händler, die mit Werbeprospekten und Bestellkarten die Kunden ansprechen?

Das Problem ist, dass die Muster-Widerrufsbelehrung von der Textmasse her sehr lang ist. In Webshops ist die Angabe der Widerrufsbelehrung nicht schwierig. Bei Printwerbung hingegen schon, weil hier der zur Verfügung stehende Platz naturgemäß begrenzt ist. Gerade bei der Ansprache von Kunden durch Bestellpostkarten und Bestell-Flyer ist der vollständige Abdruck der Widerrufsbelehrung vom zur Verfügung stehenden Raum her in der Regel ausgeschlossen.

Gibt es eine gesetzliche Ausnahmevorschrift?

Bislang sind wir davon ausgegangen, dass hier Art. 246a § 3 EGBGB eingreift. Danach gelten erleichterte Informationspflichten bei begrenzter Darstellungsmöglichkeit. Ausreichend wäre dann die Angabe, dass das Widerrufsrecht besteht. So hatte es auch der Händler im vorliegenden Fall gemacht.

Was hat das Landgericht Wuppertal hierzu entschieden?

Das Landgericht geht davon aus, dass die zuvor genannte Ausnahmevorschrift bei Printwerbung von vornherein gar nicht anwendbar sei. Diese Sichtweise begründet das Gericht damit, dass diesen Medien der begrenzte Platz nicht von vornherein anhafte, sondern vom Unternehmer selbst herbeigeführt sei. Dieser habe die Gestaltung seines Werbemittels ja selbst in der Hand. Das Gericht sieht den Platzmangel also als freiwillig herbeigeführt und nicht als technisch bedingt an.

Welche Folgen hat die Entscheidung?

Es wäre, soweit ersichtlich, die erste gerichtliche Entscheidung, die davon ausgeht, dass Art. 246a § 3 EGBGB mit seinen Erleichterungen für Printwerbung nicht anwendbar ist. Als Folge wären etwa Bestellkarten und Flyer mit einer vollständigen Widerrufsbelehrung zu versehen, was nach wie vor kaum möglich ist.

Natürlich gilt das Urteil nur zwischen den beiden am Streit beteiligten Parteien und, wie man hört, will der unterlegene Händler hier den Streit in die nächste Instanz tragen. Das Urteil ist also noch nicht rechtskräftig. Man wird also abwarten müssen, wie das zuständige Oberlandesgericht Düsseldorf und später wohl auch der Bundesgerichtshof hier entscheiden. Nicht auszuschließen ist auch, dass in diesem Fall sogar der Europäische Gerichtshof entscheiden muss, denn es geht hier auch um die Auslegung einer Richtlinie.

Was sollten Verlage und Buchhändler nun tun?

Wie gesagt, die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Man kann freilich nicht ausschließen, dass sich der eine oder andere veranlasst sieht, unter Hinweis auf diese Entscheidung abzumahnen. Gleichwohl sehen wir hier noch keinen akuten Handlungsbedarf für Verlage und Buchhändler, denn ein rational handelnder und anwaltlich seriös beratener Mitbewerber wird gestützt auf eine noch nicht gesicherte Rechtsprechung kaum Abmahnungen aussprechen.

Der weitere Verlauf des Verfahrens ist indes im Blick zu behalten. Verlage und Buchhändler, die mit Printwerbung an ihre Kunden herantreten, sollten sich schon einmal Alternativen einfallen lassen. Es ist nicht auszuschließen, dass Printwerbung der Todesstoß versetzt wird, sofern sich die Gerichte in den folgenden Instanzen der Argumentation des LG Wuppertal anschließen.