AppleWatch fühlt mit

Du lügst mich an

7. Mai 2015
von Börsenblatt
Was das Smart Phone hört, spürt die intelligente Uhr: Auch die neue Apple-Uhr sieht sich als Körpermesser für den sportlichen Nerd. 

Im Windschatten vieler smarter Uhren ist nun die Apple-Watch gekommen, deren wichtigster Zweck es zu sein scheint, die Körperfunktionen des Eigentümers zu protokollieren: Klar, sonst wäre ja auch nicht ersichtlich, wo der Unterschied zum SmartPhone liegt. Im Kaufrausch befinden sich diesmal ofenbar auch Leute, die ansonsten sehr darauf bedacht sind, alle Geheimen Agenturen aus ihren persönlichen Umgebung herauszuhalten. Warum sie dann derzeit die nicht nur privatesten, sondern gar intimsten Daten aufzeichnen und durch die Gegend funken, nämlich ihre leiblichen, erschließt sich mir nicht ganz.

Dieser Messwahn ist erstaunlich, denn eigentlich hat uns die Natur mit wirkungsvollen Mechanismen zum Body Monitoring ausgestattet. Da ist beispielsweise der Schmerz in feinsten Abstufungen, der uns davon in Kenntnis setzt, dass wir einen bestimmten Teil unseres Körpers strapaziert oder gar demoliert haben. Da ist der Hunger, der dem »E« auf der Tankanzeige entspricht und uns sagt, was uns bislang keine App verraten kann, nämlich das der Akku leer ist. Da ist der warnende Ekel oder der Schwindel, der Orientierungsprobleme signalisiert. Man könnte jetzt noch auf Muskelschmerzen, Atemprobleme und Schweißausbrüche hinweisen, um darzutun, wie fein und auch wie rabiat der Körper reagieren kann, wenn er uns retten will.

Unser Stoffwechsel verfügt über eine sehr privilegierte Schnittstelle, um die Apple, Google und Co. uns (noch) beneiden: eine direkte Verbindung ins Gehirn. Damit funktionieren in wirklichen Krisenmomenten lebensrettende Notabschaltungen in Gestalt einer Ohnmacht oder eines Komas – während die Apple-Watch leise weiter tickt und den schwindenden Puls aufzeichnet.

Auch wenn wir den eigenen Körper als freundliche, aber fremdartige Maschine sehen, sollten wir Puls, Temperatur und Hautwiderstand nicht so einfach an Dritte weitergeben. Die Daten sind spannend, in diesem Fall weniger für die NSA als für die eigene Krankenkasse oder den Arbeitgeber. Und immer dran denken, mit diesen Daten arbeiten auch Lügendetektoren: »Du lügst mich an, ich seh’s an deiner Uhr!«