Internet of things

Wie das Internet der Dinge auch das Publishing verändern könnte

21. April 2015
von Börsenblatt
Das Internet verbindet weltweit mehr Maschinen miteinander als Menschen. Aus den daraus entstehenden Datenströmen versuchen Unternehmen die Geschäftsmodelle von morgen zu zimmern – effizienter und profitabler als jemals zuvor. Bleibt den Verlagen erneut nur die Rolle des Zaungastes?

Deutschland ist »Industrie 4.0«. Zumindest versuchten uns dies die großen Leitmessen für Informationstechnologie und Industrie, CeBIT und Hannover Messe, in diesem Jahr glaubhaft zu machen. Diese hatten sich ganz in das Zeichen der nächsten Welle web-basierter Innovation gestellt: dem Internet der Dinge.

Und Deutschland positioniert sich zu Recht als internationale Speerspitze dieser Entwicklung. Alleine für die sechs Branchen Maschinen- und Anlagenbau, Elektrotechnik, Automobilbau, chemische Industrie, Landwirtschaft und Information- und Kommunikationstechnologie bescheinigt der IT-Industrieverband Bitkom dem Internet der Dinge bis ins Jahr 2025 ein zusätzliches Wertschöpfungspotenzial von sage und schreibe 78 Milliarden Euro und setzt bei dieser Prognose ein jährliches Wachstum von 1,7 Prozent zu Grunde – alleine in Deutschland.

Fette Zeiten also, die auf uns alle zukommen, könnte man meinem. Doch Halt! – Was ist dieses Internet der Dinge eigentlich? Und was bedeutet es für Verlage und Medienhäuser?

Wenn landläufig von der vierten industriellen Revolution – im Deutschen als »Industrie 4.0« tituliert – die Rede ist, dann ist damit zumeist der Einzug der Kommunikation zwischen Maschinen und Endgeräten über das Internet gemeint. Mittels vermeintlich »intelligenter« Sensoren sollen Produkte ihre Umwelt wahrnehmen und Vorhersagen über ihren eigenen Servicebedarf oder den ihrer Anwender treffen können.

Was diese vernetzte Zukunft für die morgendliche Rasur bedeuten kann, fasste jüngst mein Kollege Manfred Bremmer von der COMPUTERWOCHE in einem sehr kurzweiligen Beitrag zusammen. 

Die Idee des Internets der Dinge jedoch reicht noch weiter, bis tief hinein in die Funktionsweise von Produkten selbst. Ein gerne angeführtes Beispiel hierfür ist das Thermostat der Firma Nest, die erst im Januar 2014 für satte 3,2 Milliarden Dollar in den Schoss von Google fiel. Ein gutes Beispiel für das Internet der Dinge ist der Nest Temperaturregler nicht nur deshalb, weil er Daten über sich selbst kontinuierlich an seinen Hersteller übermittelt und sich selber wartet. Nein, es ist die vermeintliche »Intelligenz« des Gerätes, mit der es in der Lage ist, Vorhersagen über den Wärmebedarf seines Besitzers zu treffen, basierend auf dessen Heizgewohnheiten in der Vergangenheit. So ist das Gerät in der Lage, aus dem Nutzungsverhalten seines Besitzers zu lernen und kontextuell abhängig den bestmöglichen, weil relevanten Service sicherzustellen - in diesem Fall ein stets wohl temperiertes oder gekühltes Zimmer.

Anwendungsbeispiele wie das Nest Thermostat sorgen derzeit für euphorische Diskussionen und werden gerne von allen Industriebereichen als Blaupause für die Nutzwertigkeit des Internets der Dinge und der daraus resultierenden Produkte und Dienstleistungen genannt. Verlage und Medienhäuser beteiligen sich an diesen Innovationsdebatten nur selten. Leider.

Dabei bietet das Internet der Dinge gerade für Verlage eine Fülle von Optionen, um Leser und Kunden stärker an sich zu binden. Analog zum Nest Thermostates sind intelligente Endgeräte und Technologien denkbar, die den Informationsbedarf von Lesern erahnen und mit relevantem Content bedienen. Wearables wie die Apple Watch legen derzeit das technologische Fundament für eine neue Ära des intelligenten Verlegens von Inhalten und eröffnen Publishern damit ungeahnte Perspektiven des Beziehungsmanagements zu ihren Kunden und Lesern.

Eine erste Blaupause für eine solche Anwendung kommt - natürlich - ebenfalls aus dem Hause Google. Mit Google Now präsentiert das Unternehmen aus dem Silicon Valley einen intelligenten persönlichen Assistenten, der seinen Anwender situationsabhängig mit unterschiedlichen Informationen und Inhalten versorgt. So präsentiert Now etwa vor einem Termineintrag die passende Route zum Ort des Termins oder liefert auf dem Weg zu einem Konzert noch schnell ein paar MP3-Snippets zur Einstimmung auf den Abend.

Wenn es Verlagen gelingt die Grundprinzipien von Google Now in die eigene Produktwelt und Content-Strategie zu übersetzen, werden sich diese nicht mit der Rolle des Zaungastes im Internet der Dinge begnügen müssen, sondern davon profitieren.