Self-Publishing-Day 2015

Vom Autor zum Networker

4. Mai 2015
von Börsenblatt
Ein Post, ein Tweet, ein Fachgespräch – der Meinungsaustausch unter Autoren, aber auch die Kontaktpflege zum Leser sind Erfolgsfaktoren im Self-Publishing. Und: Wer auf eigene Faust veröffentlicht, braucht ein Unternehmer-Gen.

Buchvermarktung, Covergestaltung, Distribution, Suchmaschinenmarketing – die Liste der Themen, die am 2. Self-Publishing-Day in Münster auf der Agenda standen, war lang. Doch manchmal sind es die spontanen Aussagen am Rande, die verdeutlichen, wie sehr sich das Autorendasein im Zuge der gesamten Strukturveränderungen des Buchmarktes gewandelt hat. Als sich am Ende des Tages die Self-Publishing- Autoren Poppy J. Anderson, Elke Bergsma, Kirsten Wendt sowie Matthias Matting mit der Frage konfrontiert sahen, welche ihrer Tätigkeiten vom Plotting über Gestaltungsfragen bis zum Social Media Marketing sie denn am liebsten delegieren würden, lautete die einstimmige Antwort: »Auf keinen Fall Facebook!«. Auf ihre »tägliche Dosis« Facebook-Talk mit Poppy, Kirsten und Co könne sie keinesfalls verzichten, fügte Elke Bergsma noch an. Keine Frage: Das Netzwerken untereinander und mit der Leserschaft haben einen ganz neuen Stellenwert im Tätigkeitsportfolio der Autoren und insbesondere der Self-Publisher. Da werden Marketingideen ausgetauscht, Rezensionen verbreitet und Leserkommentare im Minutentakt beantwortet.

Was virtuell funktioniert, lässt sich auch Face-To-Face verwirklichen. Ganze 100 Autorinnen und Autoren kamen am Self-Publishing-Day zusammen, um über Vermarktungsstrategien, Modalitäten der Veröffentlichung oder Schreibtechniken zu diskutieren. Wann gab es jemals ein Treffen von Verlagsautoren, das diese Größenordnung gehabt hat?

Texten und kalkulieren

Der fachliche Austausch unter »Kollegen« ist nicht zuletzt eine Konsequenz daraus, dass jeder Self-Publisher ein Unternehmer ist – oder sich zumindest durch unternehmerisches Denken und Handeln auszeichnen sollte. Johannes zum Winkel, Spezialist für die Vermarktung von e-Books, brachte es in Münster auf den Punkt: Zielsetzung, Marketing und Controlling liegen beim Self-Publishing gleichermaßen in der Hand der Autoren. Welche Zielgruppe möchte ich erreichen und welche Preisbereitschaft bringt diese mit? Welche Kommunikationskanäle sind geeignet, um diese Zielgruppe zu erreichen? Wie gestalte ich mein Cover möglichst werbe- und aufmerksamkeitswirksam? Die professionelle Auseinandersetzung mit solchen Fragestellungen ist genauso wichtig wie die inhaltliche Arbeit am Buch.

Jeder erfolgshungrige Unternehmer braucht Mut und Intuition, um neue Ideen voranzubringen. Eine Prise Idealismus kann dabei nicht schaden und der Gedanke daran, dass zahlreiche berühmte Schriftsteller, Dichter und Denker einst ebenfalls auf eigene Faust ihre Werke publizierten, kann dabei nur zuträglich sein. Zu jenen – nennen wir sie Self-Publisher früherer Generation – zählt Goethe ebenso wie Nietzsche, Tolstoi oder Balzac, wie Verleger und Autor Ruprecht Frieling am Self-Publishing-Day aufzuzählen wusste.

Ausdauer ist gefragt

Self-Publisher der heutigen Generation haben zwar im Gegensatz zu ihren prominenten Vorgängern eine Vielzahl an reichweitenstarken Werbemöglichkeiten. Deren Nachhaltigkeit aber ist die eigentliche Herausforderung. Facebook-Posts und Tweets alleine machen noch keinen Bucherfolg, eingebettet in ein Gesamtkonzept zielgerichteter Werbemaßnahmen (wie eine eigene Webseite, Blog-Marketing, Lesungen, Pressearbeit etc.) können sie gleichwohl sehr effektiv sein. Zugleich gilt: Jede Marketingmaßnahme ist es wert, hinterfragt zu werden, wenn sie dem Ziel nicht genügt. Oder um es mit den Worten Nietzsches zu sagen: »Viele sind hartnäckig in Bezug auf den einmal eingeschlagenen Weg, wenige in Bezug auf das Ziel.«