Buy local

Neue E-Commerce-Modelle für den Lebensraum Stadt

2. März 2015
von Börsenblatt
Buy local, der Mitte 2012 von Buchhändlern gegründete Verein zur Stärkung des stationären Handels, nimmt gerade gewaltig Fahrt auf. Nach zwei Jahren voller kreativer Ideen, die von den Vereinsmitgliedern quasi nebenbei umgesetzt wurden, konnte sich Buy local Mitte 2014 professioneller aufstellen. Seitdem engagiert sich Martin Riethmüller, Sohn des Mitgründers Michael Riethmüller und Master of Business Management, hauptberuflich in der Mittelstandsinitiative. Seine Spezialgebiete sind E-Commerce und Strategische Kooperationen – kein Wunder also, dass sich auf beiden Gebieten viel tut.

"Wir bekommen in der letzten Zeit mehr Aufmerksamkeit von außen", freut sich Martin Riethmüller. "Unternehmer, Verbände, Städte, auch Politiker kommen auf uns zu und interessieren sich für unsere Arbeit." Mit einigen Verbänden und Genossenschaften wird über Kooperationen verhandelt, die Buy local durch einen größeren finanziellen Rahmen mehr Handlungsspielraum geben würden. Einzelheiten möchte Riethmüller noch nicht nennen, aber er ist zuversichtlich, dass verschiedene Formen der Zusammenarbeit realisiert werden können. Und nicht erst in einer fernen Zukunft.

Auch Städte und Einzelhandelsverbände fragen verstärkt bei Buy local an, wie sie den stationären Handel fördern könnten. Gemeinsam wird dann nach einer Möglichkeit gesucht, die den individuellen Bedürfnissen Rechnung trägt. Während  einzelne Mitglieder, wie zum Beispiel Elmar Fedderke von Walgenbach (Haushaltswaren) inDüsseldorf, vor allem Wert legen auf das Qualitätssiegel von Buy local, das den Kunden vor Ort auf einen leistungsstarken Einzelhändler hinweist, suchen Städte und Verbände nach umfassenden Konzepten.

"Wir müssen den öffentlichen Raum der Stadt ins Internet bringen", ist Riethmüller überzeugt. Auf einem Online-Marktplatz zum Beispiel könnten sich die unterschiedlichsten Geschäfte der Stadt präsentieren, Buy local als Qualitätssiegel würde dabei als Differenzierungstool fungieren. Zur Kundenbindung könnte die jüngst bei der Paperworld vorgestellte Kombination aus App und Beacons eingesetzt werden. Doch das sind nur zwei Möglichkeiten von vielen, die momentan im Gespräch sind. "In den nächsten zwei Wochen wird sich da einiges entscheiden", so Riethmüller.

Einen Blick in die Zukunft des Einzelhandes warf Riethmüller gerade bei einer Reise in die USA. Gemeinsam mit Businesscoach Armin Hoferer, der Buy local seit dessen Gründung verbunden ist, traf er Inhaber der sehr aktiven Buchhandelsszene und Vertreter der kalifornischen Buy-local-Bewegung. Viele kleine Buchhandlungen mussten unter dem wirtschaftlichen Druck von Amazon und Co. in den letzten Jahren aufgeben. Doch die überlebenden haben interessante, innovative Konzepte entwickelt, die sich durchaus nach Deutschland übertragen lassen.

Gerade in Kalifornien drängt Amazon auch massiv in andere Branchen, ein Szenario, das den stationären Handel in Deutschland erschreckt. Doch ganz ist die Situation nicht vergleichbar. "Die Buchbranche in den USA wurde im Dornröschen-Schlaf erwischt", formuliert es Riethmüller.

"Im Buchhandel müssen wir jetzt anfangen, darüber zu debattieren, was wir in Deutschland wollen - und vor allem was wir nicht wollen. Und wir müssen aufklären und handeln", fasst Armin Hoferer den Auftrag für Buy local zusammen. Konkreter erster Schritt ist ein Workshop am 8. und 9. Mai in Hünfeld zu "Zukünftige Geschäftsmodelle des mittelständischen Buchhandels". Die beiden Buch- und Business-Spezialisten wollen hier vor allem jüngeren  Buchhändlern und Führungskräften die in Kalifornien erfolgreichen Modelle vorstellen. Doch dabei solle es nicht bleiben: "Wir würden gerne einen Thinktank installieren", ist Riethmüllers Ziel, eine Ideenschmiede für neue Konzepte und innovative Ansätze.

Dabei stehen die Buchhandlungen, mit denen bei Buy local alles anfing, als Beispiel für andere Branchen, die erst später den Druck der großen Filialisten und Internetgiganten zu spüren bekommen haben. Buchhandlungen stellen mit 180 von rund 600 Mitgliedern immer noch den größten Anteil, doch andere Branchen sind dabei aufzuholen. An zweiter Stelle stehen mittlerweile Sportfachgeschäfte, es folgen Apotheken und Modehäuser. Sie alle haben engagierte Inhaber, die nicht nur um ihre Umsätze besorgt sind, sondern vielmehr den gesamten Lebensraum Stadt im Blick haben. Innovative E-Commerce-Modelle und digitale Kommunikation werden dazu beitragen, den stationären Handel zu stärken, davon ist Martin Riethmüller überzeugt.