Drei Preise fördern das unabhängige Sortiment

Lorbeeren fürs Ladenkonzept

4. März 2015
von Christina Busse
In Hamburg, in Bayern und jetzt auch in der ganzen Republik: Die öffentliche Hand lobt immer mehr Preise für den inhabergeführten Buchhandel aus. Die wichtigsten Teilnahmekriterien - und gute Gründe, warum sich die Bewerbung für Buchhändler bezahlt macht.


 


1. Wird alle zwei Jahre gekürt: Die "Buchhandlung des Jahres" in Hamburg

"Ein Glücksfall. Wie eine Woge, auf der man schwimmt und die einen nach vorne treibt": So beschreibt Sönke Christiansen den Effekt, den die Auszeichnung als Hamburger "Buchhandlung des Jahres" für ihn und seine Buchhandlung gehabt hat.

2014 wurde der Preis zum ersten Mal von der Hansestadt verliehen – und die Altonaer Stadtteilbuchhandlung Christiansen machte beim Publikumsvoting das Rennen. Zur Abstimmung aufgerufen hatte das "Hamburger Abendblatt": "Schreiben Sie uns, wo Sie am liebsten Ihre Bücher kaufen und warum. Ist die Beratung besonders gut? Hat die Buchhandlung zuletzt ein besonderes Projekt gehabt? Oder ist sie deshalb unverzichtbar, weil sie über Jahre hinweg ein ausgesuchtes Sortiment bereithält?" Zur Wahl standen die rund 70 kleineren, inhabergeführten Sortimente der Stadt, 2.500 Bürger stimmten ab.

Aus den zehn Favoriten kürte eine Jury aus Literaturexperten anschließend den Gewinner. Sönke Christiansen freute sich natürlich über das Preisgeld von 10.000 Euro, vor allem aber über die Anerkennung seiner Arbeit. "Solch eine positive Rückmeldung bestätigt das ganze Team in seinem Engagement und ist eine tolle Motivation", sagt der Sortimenter, der die Buchhandlung gemeinsam mit seiner Frau Nicole in vierter Generation führt.

Rainer Moritz, Mitglied der Jury und Leiter des Hamburger Literaturhauses, betont, dass die Wahl nicht leicht gefallen sei: "Hamburg hat das Glück, über ein reiches Netz inhabergeführter Buchhandlungen zu verfügen, die die Krise als Chance begreifen und individuelle Wege finden, sich gegen die (Netz-)Konkurrenz zu behaupten. Bei Christiansen hat der Jury besonders gefallen, mit welcher Intensität Kunden an das Haus gebunden werden." Leseclubs für Kinder, Jugendliche und Erwachsene gehören ebenso dazu wie zahlreiche weitere Veranstaltungen.

Ein erklärtes Ziel der Auszeichnung: Durch die Berichterstattung über das lokale Sortiment werden Menschen aufmerksamer dafür, wie sich zum Beispiel die städtische Struktur entwickelt. Der Preis will auch die Leistung des Buchhandels als Treffpunkt, als Kommunikations- und Kulturort in den Blick rücken. "Wollen wir nur die Anonymität des Netzes, oder wollen wir daneben florierende Ladengeschäfte mit persönlicher Beratung und Ansprache? Durch Preise für gute Buchhandlungen nehmen wir bewusster wahr, was uns lange als zu selbstverständlich erschien", meint Rainer Moritz.

Die wichtigsten Fakten zur Hamburger "Buchhandlung des Jahres"

Ausschreibung
Seit 2014 kürt die Stadt Hamburg alle zwei Jahre eine "Buchhandlung des Jahres". Die nächste Ausschreibung startet 2016

Dotierung
10.000 Euro, die Summe kann geteilt und an zwei Buchhandlungen vergeben werden

Jurymitglieder 2014 

  • Rainer Moritz, Leiter des Literaturhauses Hamburg

  • Michael Menard vom Börsenverein

  • Wolfgang Schömel, Hamburgs Literaturreferent

  • Thomas Andre, Redakteur beim "Hamburger Abendblatt"

Prozedere
Per Publikumsvoting im "Hamburger Abendblatt" werden 10 Favoriten ermittelt, den Gewinner kürt eine Jury aus Literaturexperten

Kriterien
Der Preis ist für kleine und inhabergeführte Buchhandlungen reserviert. Sie sollten punkten mit Service und Veranstaltungen zur Literaturvermittlung, als Treffpunkt für Literaturinteressierte, durch zukunftsgerichtete Verkaufsstrategien

Informationen
http://kreativgesellschaft.org/de/news/2014/buchhandlungspreis-der-kulturbehorde

2. Ausschreibung läuft: Der Deutsche Buchhandlungspreis

Die Interaktion zwischen Konsum und Kultur hat auch Staatsministerin Monika Grütters vor Augen, wenn sie in diesem Jahr erstmalig den mit insgesamt einer Million Euro ausgestatteten "Deutschen Buchhandlungspreis" vergeben wird. Er soll zukünftig als Gütesiegel für besonderes buchhändlerisches Engagement gelten. "Damit setzt die Bundesregierung ein Zeichen für den Erhalt eines flächendeckenden Netzes an Buchhandlungen in Deutschland. Wir wollen ihnen Aufmerksamkeit verschaffen und ihre Bedeutung für unsere Kulturlandschaft unterstreichen", erklärt Grütters.

Die wichtigsten Fakten zum "Deutschen Buchhandlungspreis"

Ausschreibung
läuft seit Ende Februar, Inhaber können sich inklusive einer Beschreibung ihres laufenden kulturell relevanten Geschäftsmodells noch bis zum 29. Mai 2015 direkt bewerben.

Kriterien
Der Deutsche Buchhandlungspreis legt den Fokus auf vorbildliche Leistungen in den Bereichen

  • kulturelles Veranstaltungsprogramm,

  • Engagement bei der Lese- und/oder Literaturförderung,

  • literarisches Sortiment,

  • innovatives Geschäftsmodell.

Zur Teilnahme aufgerufen sind alle Inhaber stationärer, unabhängiger Buchhandlungen mit Sitz in Deutschland, die ein konzernunabhängiges Sortiment bieten und deren durchschnittlicher Jahresumsatz in den vergangenen drei Jahren unter einer Million Euro lag.

Weitere Teilnahmekriterien

  • die Ware wird direkt bei der Verlagsauslieferung, beim Verlag oder Buchgroßhandel (Barsortiment) beschafft,

  • der Verkauf findet überwiegend an private Endkunden statt,

  • es sollte eine breite Titelauswahl hauptsächlich aus den Bereichen Belletristik und/oder Sachbuch und/oder Kinderbuch geboten werden,

  • die Beratung findet durch fachkundiges Personal statt,

  • es gibt die Möglichkeit der Bestellung nicht vorrätiger Titel.

Prozedere
Aus den Bewerbungen nominiert eine siebenköpfige Jury ihre Vorschläge.

Die Jurymitglieder

  • Iris Radisch, Ressortleiterin Feuilleton „Die Zeit“

  • Hans Frieden, Verlagsvertreter

  • Jochen Mende, Verlagsauslieferung Prolit

  • Tim Hofmann, Student der Literaturwissenschaft

  • Julia Franck, Schriftstellerin

  • Manfred Metzner, Verleger Das Wunderhorn

Dotierung
Die Vergabe des Buchhandlungspreises soll im September 2015 in drei Kategorien erfolgen:

  • Gütesiegel verbunden mit einer Prämie in Höhe von jeweils 7.000 Euro für bis zu hundert hervorragende Buchhandlungen, die mit dem Deutschen Buchhandlungspreis ausgezeichnet werden.

  • Gütesiegel verbunden mit einer Prämie in Höhe von jeweils 15.000 Euro für bis zu fünf Buchhandlungen, die aus den für den Deutschen Buchhandlungspreis nominierten Buchhandlungen besonders herausragen.

  • Gütesiegel verbunden mit einer Prämie in Höhe von jeweils 25.000 Euro für die drei besten der für den Deutschen Buchhandlungspreis nominierten Buchhandlungen.

Informationen
http://www.deutscher-buchhandlungspreis.de

Das strukturierte Teilnahmeformular kann Punkt für Punkt durch Ankreuzen und kurze Angaben bearbeitet werden. Gelegenheit zur ausführlichen Eigendarstellung ist unter Einzelaspekten wie dem kulturellen Veranstaltungsprogramm, zur Lese- und Literaturförderung, zu Kooperationen und dem Geschäftsmodell gegeben. Hier kann die Buchhandlung detaillierte Informationen beigefügen und beispielsweise auf erklärende Internetseiten verweisen.

3. Frisch ausgelobt: Der Bayerische Buchhandelspreis

Kulturelles Engagement steht auch beim Bayerischen Buchhandelspreis im Vordergrund, den das Wissenschaftsministerium des Freistaates jüngst ins Leben gerufen hat. "Ich beobachte, dass landauf landab zahlreiche Buchhandlungen durch Autorenlesungen, durch Podiumsgespräche und Workshops im Zusammenhang mit literarischen Werken oder aktuellen Themen kulturelle Arbeit vor Ort leisten – und zwar in Städten und auf dem Land. Sie fördern damit die Lebensqualität vor Ort – auch in ländlichen Räumen. Das verdient unsere Anerkennung", erläutert Minister Ludwig Spaenle.

Der Landesverband Bayern im Börsenverein unterstützt Buchhandlungen bei der Teilnahme. "Das Interesse ist groß, viele haben schon nachgefragt, wann es losgeht", berichtet Barbara Voit vom Landesverband, "wir werden jetzt alle unsere Mitglieder anschreiben und stehen beratend zur Seite."

Die wichtigsten Fakten zum "Bayerischen Buchhandelspreis"

Ausschreibung
Läuft seit Anfang März, Deadline ist am 15. April

Dotierung 7.500 Euro

Jurymitglieder
Vertreter des Verlags- und Buchhandelswesen, der Medien und des kulturellen Lebens.

Prozedere
Die Jury schlägt ihren Favoriten vor, das bayerische Wissenschaftsministerium entscheidet abschließend über die Vergabe (Benachrichtigung der Bewerber: bis Ende Juli 2015)

Auswahlkriterien
Bewerben können sich Inhaberinnen und Inhaber von Buchhandlungen, die mit Veranstaltungen und Aktionen in ihrer Region ihr herausragendes kulturelles Engagement unter Beweis gestellt haben.

Informationen
www.km.bayern.de/kunst-und-kultur/literatur/preise.html

4. Wird derzeit überarbeitet: Der Buchhandelspreis Niedersachsen

„Solch eine Auszeichnung ist eine gute Sache!“, so die Bilanz von Michael Sutmöller. Seinem Unternehmen Sutmöller Bücher & mehr in Melle wurde 2013 der mit 7.000 Euro verbundene Buchhandelspreis Niedersachsen verliehen.

Sein Bewerbungstipp für interessierte Kollegen: "Man muss den Leser neugierig machen und packen, das gilt auch für die Jury. Schon die Überschrift muss das Interesse wecken und zum Weiterlesen animieren. Im Text ist ein roter Faden wichtig, das war bei uns die Leseförderung, aber auch Spannung sollte aufgebaut werden. Entsprechendes Bildmaterial sollte das Ganze unterstreichen – ein Bild sagt oft mehr aus als viele Worte."

Sutmöllers großes persönliches und kulturelles Engagement hat die Jury am Ende überzeugt, zusammen mit seinem Wirtschaftlichkeitsdenken und seiner Verbundenheit mit der Region. "Durch den Preis haben wir einen unheimlichen Imagegewinn und eine enorme Resonanz erfahren - von Seiten der Kunden, der Verlage und der Presse", berichtet Sutmöller, der die Auszeichnung zur "Niedersächsische Buchhandlung des Jahres" intensiv in sein Marketing eingebunden hat.

Die positive Erfahrung bestärkt ihn darin, auch für den Deutschen Buchhandlungspreis an den Start zu gehen. Währenddessen wird der Niedersächsische Buchhandelspreis, der seit 2001 alle zwei Jahre als Teil des „Nicolas-Born-Literaturpreises“ vergeben wurde, derzeit neu konzeptioniert. "Wir arbeiten mit Hochdruck an einer gesonderten Auszeichnung für den Buchhandel", betont Gabriele Heinen-Kljajić, die niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur.

Ob in Hamburg, Bayern oder bundesweit: Die Gewinner können sich auf nachhaltige Wirkung einstellen. "Die Auszeichnung war für uns ein eindeutiges Plus und hat weite Kreise gezogen", berichtet Nordlicht Sönke Christiansen. "Wir werden von den Kunden stärker wahrgenommen, genauso wie von den Medien. Unsere Expertise war inzwischen beim NDR in einer Talkrunde zum Thema Preisbindung ebenso gefragt wie beim "Spiegel" zum Thema Digitales Lesen."