Mitteldeutsche Verlage präsentieren sich in Leipzig

Der Drei-Minuten-Pitch

3. März 2015
von Börsenblatt
Speed-Dating mit der Presse: Mehr als 30 Verlage aus Mitteldeutschland stellten im Pressegespräch des Landesverbands Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ihre aktuelle Produktion vor. 

Kamera läuft, Ton ab: Um aufzufallen, muss man sich im Leipziger Literaturhaus nicht, wie weiland Rainald Goetz in Klagenfurt, die Stirn ritzen. Man kann, wie Georg Dehn vom Araki Verlag, ein merkwürdiges Gedicht vortragen, wie Lutz Gebhardt von der Verlagsgruppe Grünes Herz (Ilmenau) die absolute Unkaputtbarkeit der hauseigenen Wanderkarten demonstrieren oder, wie Johannes M. Ackner von Buchfunk (Leipzig), eines der längsten in deutscher Sprache produzierten Hörbücher annoncieren.

Damit der Leipziger Verleger-Auftrieb unter der Spieldauer von Casanovas Memoiren (knapp 137 Stunden) bleibt, darf man eines allerdings nicht: Das vorgegebene Zeitlimit von gefühlt drei Minuten überschreiten. In diesem Fall würde die Glocke von SaSaThü-Geschäftsführerin Nora Milenkovic der Performance ein abruptes Ende setzen.

Same procedure as every year oder, wie es der Vorsitzende des Landesverbands, Verleger Helmut Stadeler, ausdrückte: "Das Pressegespräch brummt." Diesmal nutzen mehr als 30 Verlage aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen die Gelegenheit, Medienleuten und (wenigen) interessierten Buchhändlern im Vorfeld der Leipziger Buchmesse ihre aktuellen Programme vorzustellen.

Verlagsseitig war das ein neuer Spitzenwert, und auch die Zahl der nach Ende der knapp zweistündigen Tour de force durch die mitteldeutsche Verlagslandschaft ausgepackten Mikrofone und Kameras schien größer als in den Jahren zuvor. Für gestresste Journalisten, die sich gerade wieder durch turmhohe Vorschaustapel wühlen, eine ideale Chance, sich mit der Arbeit vieler kleiner Häuser vor der eigenen Haustür vertraut zu machen. 

"Man sollte auf jeden Fall dabei sein", findet Rainer Höltschl vom Open House Verlag (Leipzig). "Ein paar Kontakte zu Journalisten und Buchhändlern ergeben sich immer, in Vorbereitung auf die Messe ist das ideal." Dass man, ganz nebenbei, auch einen kompakten Überblick darüber bekommt, was die Kollegen aus der Region treiben, ist für den Wahl-Leipziger Höltschl ebenfalls ein Pluspunkt.

Und das Zeitlimit? Für Höltschl "ein Kunststück, das man jedes Jahr neu üben muss". Der Open-House-Verleger schaffte es heuer durch die thematische Konzentration auf 25 Jahre Wiedervereinigung – und konnte sogar noch das erste Sachbuch des jungen Verlags vorstellen: Der Band mit dem zungenbrecherischen Titel "Intercorporeal Splits" zeigt am Beispiel von Skype, wie die Kommunikation über digitale Kanäle unser Bewusstsein verändert.

Wer wie Robert Merkel (Life Media AG) die digitale Zukunft des Verlagswesens mitgestalten will, wuppt auch einen Drei-Minuten-Pitch in der Old Economy. Der gebürtige Leipziger hat den Digitalverlag frankly gegründet, ein Mix aus Verlag, E-Book-Store und Social-Media-Netzwerk, und wird zur Buchmesse mit den ersten zehn Titeln an den Start gehen. Das Fazit des frischgebackenen Börsenvereins-Mitglieds zu seiner Pressegesprächs-Premiere fällt positiv aus: "Wir verstehen uns als Brückenbauer zwischen digitalem Raum und klassischer Verlagswelt, insofern ist es für uns extrem lohnend, hier dabei zu sein."