Nach dem "Baal"-Streit

Deutscher Bühnenverein fordert Urheberrechts-Reform

3. März 2015
von Börsenblatt
Wegen des Rechtsstreits zwischen Suhrkamp und dem Münchner Residenztheater um Frank Castorffs Inszenierung von Brechts "Baal" sieht der Deutsche Bühnenverein Defizite bei der Freiheit der Kunst - und fordert eine Reform des Urheberrechts.

Der Gesetzgeber solle, erklärte Bühnenvereins-Direktor Rolf Bolwin, "die für die Theater drängenden Fragen des geltenden Urheberrechts angehen". Der Rechtsstreit zeige, wie sehr das Urheberrecht mittlerweile die Freiheit der Kunst behindere. Aus Sicht des Bühnenvereins entspricht ein in Stein gemeißeltes Urheberrecht nicht der heutigen Aufführungspraxis. So sei es "unrealistisch, von einem Regisseur zu verlangen, auf Fremdtexte in der Inszenierung eines Stückes zu verzichten, um einen Urheber wie Brecht zu schützen, der fast 60 Jahre tot ist."

Stattdessen müsse es dem Regisseur erlaubt sein, die Inszenierung eines seit Jahrzehnten existierenden Werks mit seiner Sicht "auf die Welt zu konfrontieren" − auch wenn er dazu zusätzliche Texte heranziehe. In einem solchen Fall sollten Erben aufgrund des Urheberrechts nicht gegen die Aufführung vorgehen können, fordert der Bühnenverein. Das werde der Freiheit der Kunst nicht gerecht.

Der Suhrkamp Verlag hatte − wie auf boersenblatt.net berichtet − im Namen der Brecht-Erben eine beim Landgericht München einstweilige Verfügung gegen die "Baal"-Inszenierung von Frank Castorf beantragt, weil dieser gegen den Willen der Erben Fremdtexte aufgenommen und die Stück-Chronologie aufgebrochen habe. Vergangene Woche schlossen beide Parteien einen Vergleich, nach dem die umstrittene Aufführung noch zweimal gezeigt werden darf.