Verlagsauslieferung: Interview zu Optimierungsmöglichkeiten

Statistik und Kostentransparenz nutzen

17. Juni 2020
von Marcus Schuster

Verlage sollten regelmäßig ihre Verträge mit den Auslieferungen hinterfragen, empfiehlt der Logistikberater Andreas Pawlenka. In den meisten Fällen ließen sich dadurch Geld, Zeit und Ressourcen sparen.

Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise auf die Geschäftsbeziehungen zwischen Verlagen und Auslieferungen?
Die meisten Verlage sind verständlicherweise erst einmal in Schockstarre geraten. Es ging zu Beginn der Krise vor allem um Kurzarbeit, Sparprogramme und die Frage, wen man als Erstes ins Homeoffice schickt. Aber es wurden leider nur wenige Konzepte in und für den Markt entwickelt. Ich habe gelernt, dass in der Krise vor allem die Unternehmen profitieren und sich Wettbewerbsvorteile verschaffen können, die antizyklisch handeln. Sich also fragen, „Wie kann ich die Krise zur Chance machen?“ und aus dieser Perspektive heraus Konzepte entwickeln und umsetzten. Gerade in und nicht erst nach der Krise!

Was sollten Verlage Ihrer Meinung nach jetzt tun?
Eine Anpassung teils jahrzehntealter Auslieferungsverträge an neue Gegebenheiten und Anforderungen findet viel zu selten statt, ein Auslieferungswechsel wird erst recht gescheut. Dabei stecken oft mehr als zehn Prozent der Nettoumsätze eines Verlags in der Logistik. Hier könnte man mit überschaubarem Aufwand viel Geld, Zeit und Nerven sparen und Qualität gewinnen.

Ich rate dazu, dass man als Verlag regelmäßig die Inhalte seines Auslieferungsvertrags sowie seine Logistikabrechnungen überprüft und kritisch hinterfragt: Welche Leistungen sind im Vertrag vereinbart? Sind diese noch zeitgemäß? Was bezahle ich wofür? Und so weiter. Im zweiten Schritt sollte man ein internes Optimierungsprojekt aufsetzen mit seinen Vertriebsmitarbeitern sprechen, mit Vertretern, und natürlich auch mit ausgewählten Sortimentern, wie zufrieden sie mit der Auslieferung sind.

Auf Basis aller Erkenntnisse setzt man sich dann mit seinem Dienstleister zusammen und spricht über mögliche Optimierungsansätze. Viele Auslieferungen sind gerne bereit, über eine Anpassung oder grundsätzliche Strategieänderung mit ihren Vertragspartnern zu reden.

Was würden Sie als Verlagsleiter konkret an einer Auslieferung ändern, um dies zu erreichen?
Zuerst sollte eine regelmäßige Kommunikation mit der Auslieferung eingerichtet werden, bei der über gegenseitige Erfahrungen über das Tagesgeschäft hinaus in persönlichen Treffen gesprochen wird. Dadurch wächst das Verständnis füreinander, es entsteht ein Miteinander und es werden wertvolle Verbesserungen und Änderungen beschlossen und umgesetzt.

Außerdem muss sichergestellt sein, dass der Kundenservice in der Verlagsauslieferung, der ja den direkten, täglichen Kontakt zu den Verlagskunden hat, als Kommunikator im Dienste und Sinne des Verlags handeln und vermitteln kann – zum Beispiel durch klare Handlungsanweisungen und -spielräume durch den Verlagsvertrieb und die Pflege eines kollegialen Miteinanders zwischen den Vertragspartnern.

Welche Schritte unternehmen Auslieferungen zur Optimierung ihres Geschäfts?
Gute Verlagsauslieferungen sind innovativ und entwickeln aus dem Überblick, den sie über das Geschäft ihrer Verlagspartner und den Kontakt zu den Verlagskunden haben, technische und organisatorische Lösungen, die sie Verlagen und Sortiment anbieten. Außerdem können Auslieferungen ihren Verlagen umfangreiches und aussagekräftiges statistisches Material zur Verfügung stellen, dass die Verlage in ihrem Handeln und in ihren Entscheidungen maßgeblich unterstützen hilft. Leider wird dieses Material in vielen Verlagen noch nicht konsequent genug genutzt.

Darüber hinaus können Auslieferungen ihre Kosten besser als ein Verlag skalieren, weil sie ihre Prozesse bis ins Kleinste kennen und in der Lage sind, mit Zeitverträgen oder Leihkräften auf Auslieferungsspitzen und -Dellen genau zu reagieren. Da wird kalkuliert, welcher Handgriff wie viel Geld kostet und dadurch können alle Kosten exakt weitergeben werden. Somit kann die Auslieferung sicher sein, den vom Verlag verursachten Aufwand abrechnen zu können und der Verlag wiederum erhält eine exakte Kostentransparenz und hat dadurch die Chance seine Logistikkosten punktgenau beeinflussen zu können.

Wie findet man als Verlag denn die richtige Auslieferung – und wann sollte man wechseln?
Jeder Verlag sollte sich regelmäßig folgende Fragen stellen: Welche Leistungen erwarte ich von einem Auslieferungspartner? Welche Kosten kann ich mir leisten? Welche Kriterien sind dafür relevant? Kann und will ich diese Fragen ausschließlich intern klären oder ist es sinnvoll, mich in diesem Projekt kompetent begleiten zu lassen? Für die externe Begleitung spricht, dass man externe Kompetenz hinzugewinnt und die Koordination und Moderation in neutrale Hände legen kann. Am Beginn sollte dabei eine Bewertung des Status Quo mit dem Ziel einer Optimierung der bestehenden Auslieferungspartnerschaft stehen. Wobei es natürlich nicht ausgeschlossen ist, dass die Bestandsaufnahme ergibt, dass die Verlagsinteressen von einem neuen Auslieferungspartner kompetenter, leistungsgerechter und/oder kostengünstiger wahrgenommen werden können.

Sollte ein Wechsel gewünscht oder notwendig sein, erfolgt eine Eingrenzung der möglichen neuen Partner und eine Ausschreibung auf der Basis der erarbeiteten Kriterien. Durch Vor-Ort-Besuche verschafft man sich ein Bild von der Leistungsfähigkeit der Unternehmen und lernt die verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennen. Denn bei allen technischen Voraussetzungen muss immer auch die Chemie zwischen den handelnden Kolleginnen und Kollegen stimmen.

Mehr zu den logistischen Anforderungen während der Corona-Krise und den Services von Verlagsauslieferungen lesen Sie im der Börsenblatt-Ausgabe »Plus: Dienstleister«, die dem Börsenblatt-Spezial Belletristik (Nr. 24) am 10. Juni beiliegt – mit vielen Artikeln rund um die Partner in allen spannenden Phasen, die mit der Entwicklung eines Buchprojekts verbunden sind.