Shitstorm nach ARD-Dokumentation

Amazon will Vorwürfe prüfen lassen

23. Juli 2015
von Börsenblatt
"Da gibt es nur eins. Dieser Laden muss boykottiert werden"; "Schämt euch, ihr Ausbeuter"; "Sklaventreiber! Sowas im 21. Jahrhundert"  - nach der ARD-Dokumentation über die Arbeitsbedingungen bei Amazon fegt ein Shitstorm über den Online-Händler hinweg. 

Die Autoren Diana Löbl und Peter Onneken zeigen in ihrer Reportage "Ausgeliefert!", unter welchen Verhältnissen Leiharbeiter für den Internetriesen das Weihnachtsgeschäft abwickeln. Im Film wird u.a. berichtet, dass Sicherheitsleute aus dem rechtsradikalen Milieu die Unterkünfte von Zeitarbeitern durchsucht hätten.

Amazon reagiert mit einer Stellungnahme und kündigt an, die Vorwürfe prüfen lassen zu wollen. Ob die Ausführungen der Amazon-PR-Abteilung - "Sicherheit hat oberste Priorität", "Amazon duldet keine Einschüchterung" - den Zorn der vielen aufgebrachten Amazon-Kunden mildern kann, bleibt abzuwarten.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN findet deutliche Worte für die Bedingungen, unter denen ausländische Saison- und Leiharbeiter bei Amazon in Bad Hersfeld leben und arbeiten müssen: „Das Unternehmen nutzt die Not insbesondere osteuropäischer oder spanischer Arbeitsloser skrupellos aus, um Personalkosten zu drücken. Das Beispiel zeigt erneut, dass wir nicht nur endlich einen flächendeckenden Mindestlohn brauchen. Auch eine wirksame Begrenzung der Leiharbeit ist überfällig“, stellte der wirtschaftspolitische Sprecher der hessischen Landtagsfraktion, Kai Klose fest. Die Partei fordert Amazon auf, zu allen Vorwürfen rückhaltlos und umfassend Auskunft zu geben. Außerdem fordern DIE GRÜNEN die Landesregierung Hessen auf, sofortige Prüfungen der Arbeitsbedingungen bei Amazon zu veranlassen und diese während des Weihnachtsgeschäfts gegebenenfalls zu wiederholen.

Hier die Amazon-Stellungnahme im Wortlaut: 

"Über 7.700 festangestellte Mitarbeiter arbeiten in den deutschen Amazon-Logistikzentren, in der Weihnachtssaison stellen wir zusätzliche Amazon-Mitarbeiter saisonal befristet ein. Diese Mitarbeiter unterstützen uns, um die erhöhte Anzahl an Kundenbestellungen in Spitzenzeiten zu bewältigen. Gleichzeitig haben wir dadurch die Möglichkeit, potenzielle neue langfristige Mitarbeiter kennenzulernen und gemäß unserem zukünftigen Wachstum einzustellen. In absoluten Spitzenzeiten arbeiten wir darüber hinaus mit Zeitarbeitsfirmen zusammen. 

Alle Mitarbeiter, die länger als ein Jahr in den Amazon-Logistikzentren in Deutschland arbeiten, verdienen über 10 € brutto pro Stunde; im ersten Jahr über 9,30 € brutto. Die in dem Beitrag erwähnten Mitarbeiter aus Spanien, die über eine Zeitarbeitsfirma im Logistikzentrum Bad Hersfeld beschäftigt wurden, verdienten bei einer 37,5 Stundenwoche 1.400 € brutto im Monat, in der Nachtschicht bei 32,5 Wochenstunden 1.500 Euro im Monat. Diese Beträge wurden per Vertrag auch dann bezahlt, wenn nicht die volle vertragliche Stundenzahl angefordert wurde.

Sicherheit hat oberste Priorität in unseren Logistikzentren. Wir nehmen die Sicherheit und das Wohlergehen unserer Mitarbeiter sehr ernst und überprüfen externe Dienstleister, die die Unterbringung von Saisonkräften aus anderen Regionen verantworten, regelmäßig. Wichtig ist uns hier auch die Rückmeldung unserer Mitarbeiter: Wann immer Mitarbeiter Verbesserungen im Rahmen der Arbeitsbedingungen oder der Unterbringung vorschlagen, prüfen wir dies umgehend.

Amazon duldet keinerlei Diskriminierung oder Einschüchterung. Auch wenn das Sicherheitsunternehmen nicht von Amazon beauftragt wurde, prüfen wir derzeit selbstverständlich den von den Redakteuren gemachten Vorwurf bezüglich des Verhaltens des Sicherheitspersonals und werden umgehend geeignete Maßnahmen einleiten. 

Unser Ziel ist es, Bestellungen unserer Kunden jederzeit schnell und zuverlässig auszuliefern. Wir wissen: Das geht nur mit zufriedenen Mitarbeitern - unabhängig davon, ob sie langfristig beschäftigt, saisonal angestellt oder uns über eine Zeitarbeitsfirma unterstützen. Sie können sicher sein, dass wir jedem Vorfall in unseren Logistikzentren und im Umfeld, der uns von Mitarbeitern zur Kenntnis gebracht wird, nachgehen und bei Bedarf umgehend Verbesserungen einleiten."