Stellenabbau bei der DBH

Langer Donnerstag bei Hugendubel in Frankfurt

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Gestern abend standen die Kunden vor der Frankfurter Hugendubel-Filiale bereits eine Stunde früher als sonst vor verschlossenen Türen. Auf Einladung der Münchener DBH-Geschäftsleitung kamen über 100 Mitarbeiter in dem Haus am Steinweg zusammen, um sich persönlich über das geplante Restrukturierungsprogramm und den drohenden Stellenabbau bei Hugendubel und Buch Habel aufklären zu lassen. Am Ende fiel der Blick in ratlose Gesichter.

Als sich die aus der gesamten Region angereisten DBH-Buchhändler gegen 20:00 Uhr vor der Hugendubel-Filiale in der Frankfurter Innenstadt versammelten, waren sie schon rein äußerlich von den teilweise verärgerten Kunden zu unterscheiden, die auf ihr gewohntes Einkaufsvergnügen am Donnerstagabend verzichten mussten: Aus dem Habel-Slogan »Ich lese! Ich auch!« wurde die Solidaritätsbekundung »Ich bleibe! Ich auch!«, zur Schau getragen in Form von umgearbeiteten Einkaufstüten in rot und blau, die sich die Habel-Mitarbeiter gegenseitig angeheftet hatten. Schwarze Armbinden bewirkten den gleichen Erkennungs-Effekt, wenn auch mit weniger optimistischer Färbung.

Die Münchener Führungsriege der DBH lädt Ihre Mitarbeiter zur Zeit in die großen Häuser ein, um sie persönlich über die vorgesehenen Umstrukturierungsmaßnahmen im Unternehmen zu informieren, von denen ein wesentlicher Bestandteil der Abbau von 285 Arbeitsplätzen bei Hugendubel und Buch Habel sein soll. Nach München am Montag und Berlin am Mittwoch jetzt also Frankfurt. Weitere Termine stehen in Leipzig und Hannover an.

Die Angelegenheit ist längst kein Branchengeheimnis mehr: Gestern abend war frühzeitig ein HR-Kamerateam vor Ort, das den Ein- und Auszug der Mitarbeiter schonmal vorab für das »Hessenjournal« um 21:45 Uhr inszeniert hat. Die Buchhändler spielten das Spiel gern mit, schließlich kam es darauf jetzt auch nicht mehr an. Der Abend sollte indes deutlich länger werden.

Vorbei an den Postkarten, Servietten und Bestsellern im Eingangsbereich ging es für die Belegschaft gegen 20:30 Uhr erstmal abwärts ins Untergeschoss. Passend zur allgemeinen Stimmung war dies offenbar der Ort der Zusammenkunft mit den Vertretern der Geschäftsleitung.

Draußen stehen jetzt nur noch zwei Männer an der Tür. Rauchend warten sie auf verspätete Nachzügler und passen gleichzeitig auf, dass sich niemand einschleicht, der dort nichts zu suchen hat. Mehrere irritierte Kunden werden abgewiesen. Einer hatte ein dringend benötigtes Buch bestellt, das er unbedingt noch kurz vor Ladenschluss abholen will. Er wirkt abgehetzt und verschwitzt, hatte sich scheinbar sehr beeilt. Aber nichts zu machen: Der Kunde wird trotz seiner Hartnäckigkeit weggeschickt. An den Türen weisen diskrete Aushänge auf die vorzeitige Schließung hin, die wegen einer »Veranstaltung« erforderlich sei. 

Als die Mitarbeiter das Haus gegen 23:00 Uhr wieder verlassen, haben es viele sehr eilig. Sie müssen schließlich noch zurück nach Viernheim, Neu-Isenburg, Wiesbaden, Mainz und Darmstadt, um am nächsten Morgen wieder früh im Laden stehen zu können. Dennoch konnte boersenblatt.net einige Stimmen einfangen.

Die meisten waren enttäuscht. Man sei im Grunde genau so schlau wie vorher. Viele Fragen seien offen geblieben oder schlicht übergangen worden: »Die haben geredet wie die Politiker, viel gesprochen und doch nichts gesagt.« Unverständnis wurde darüber zum Ausdruck gebracht, dass die DBH überhaupt eine kränkelnde Kette wie Habel übernommen habe, wenn sie doch selbst schon seit längerem in Schwierigkeiten stecke. »Wären wir doch bei Thalia gelandet, die hätten sich uns wenigstens leisten können.« Die Führungsriege habe indes zu beschwichtigen versucht: »Angeblich wollen sie uns zum Weihnachtsgeschäft wieder einstellen.« Allerdings befürchten manche der anwesenden Buchhändler, dabei künftig nur noch als Gelegenheitsjobber bei Hochbetrieb beschäftigt zu werden. Immerhin sei es aber anständig und respektabel, dass die Geschäftsleitung sich ihren Mitarbeitern persönlich stelle, anstatt die unangenehmen Gespräche an die mittleren Führungsebenen zu delegieren. Auf die Frage, wie denn das neue Gesamtkonzept des Unternehmens nun konkret aussehen soll, wissen die Beschäftigten aber immer noch keine genaue Antwort. »Offenbar hält man Kunden mit Beratungswunsch da oben für verzichtbar.« Aus dem Kampf der Giganten würden daher letztlich die unabhängigen Buchhandlungen als Sieger hervorgehen, wird prophezeit. Quo vadis, DBH? 

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