Klub-Bibliotheken

My own private Buchklub

13. Juli 2007
von Börsenblatt
Stellen Sie sich vor, ein Stammkunde kommt in Ihre Buchhandlung und überreicht Ihnen lächelnd ein Buch, das er vor einer Woche mitgenommen und nun zu Ende gelesen hat. Dann stöbert er ein wenig und nimmt sich neuen Lesestoff mit, ohne zu bezahlen. Klingt unverschämt? Unrealistisch? Nach… Bibliothek?
Um ehrlich zu sein, war ich auch etwas erstaunt, als ich in meiner Praktikumsbuchhandlung gelesene Bücher zurücknehmen sollte. Und zwar tatsächlich nach dem Prinzip einer Bücherei: Beim "Englischen Buchklub" stand den Mitgliedern ein kleines Regal aktueller, englischsprachiger Hardcover zur Verfügung, an dem sie sich nur gegen einen Jahresbeitrag - Stückzahl und Leihzeit natürlich begrenzt – bedienen durften. Schmökern, ob Franzens neuer Roman hält, was er verspricht, oder den neuen McCall Smith direkt im Original lesen. Da musste ich als Buchhändlerin dann doch erst einmal schlucken. Befand ich mich schließlich in einem anderen Land mit einem eigenen System, das ich mir ganz genau angucken wollte: in Schweden (genauer: in Göteborg). Und davon, dass eine buchhandlungseigene Mini-Bücherei ganz und gar nichts Ungewöhnliches sei, konnte ich mich bei den in der Nähe gelegenen Filialisten überzeugen... deren Klub-Bibliotheken waren zwar meist nicht thematisch eingeschränkt, funktionierten aber nach dem gleichen Prinzip. Aus Deutschland war mir so etwas nicht bekannt. Hmmm... ist das nun einer dieser Services, über den leisten zu "müssen" man sich als Buchhändler eigentlich ärgert, weil er teuer ist und Mühe macht – oder handelt es sich um ein in Deutschland unentdecktes geniales Mittel zur Kundenbindung? (Denn natürlich kamen einige der Buchklub-Mitglieder mit großer Regelmäßigkeit in den Laden, und natürlich kauften ein paar der Vielleser die ganze No. 1 Ladies Detective Agency-Sammlung als Taschenbuch für Freunde und Bekannte!) Es mag einerseits aufwändig sein, einen eigenen kleinen Klub zu eröffnen und, davor graut´s einigen vielleicht am meisten, eine neue Anspruchshaltung der Kundschaft zu wecken – andererseits könnte ein günstiges und andersartiges Angebot Leseratten aufmerksam machen, die bisher nur die Bibliothekarin mit Namen kannten, nicht aber den Buchhändler... Ausprobiert zu haben scheint´s bei uns noch keiner... und wenn doch, dann ist hier genau der richtige Ort, von den eigenen Erfahrungen zu berichten! Janni Froese