Leserbrief

"Sie sind für die schönsten Augenblicke meines buchhändlerischen Lebens zuständig"

4. Januar 2008
von Börsenblatt
In einer Hommage an die Verlage bedankt sich Katharina Engelhardt, Inhaberin der Buchhandlung Büchereck am Rathaus in Vellmar für die Produktion von Leseexemplaren. Liebe Verlage, lesen und genießen!
Liebe Damen und Herren aus dem Vertrieb (oder wo auch immer entschieden wird, für welche Titel Leseexemplare produziert und an wen verteilt werden),

nach jahrzehnterlanger Tätigkeit als Buchhändlerin in verschiedenen größeren und auch kleineren
Buchhandlungen – davon fast 25 Jahren Inhaberin eines Ladens in Vellmar – möchte ich mich einmal bei Ihnen bedanken. Denn Sie sind es, die für die schönsten Augenblicke meines buchhändlerischen Lebens zuständig sind, weil es für mich jedes Jahr gleich zweimal die wunderbaren Stunden gibt, in denen ich im Büros sitze inmitten von vielen Paketen und Päckchen mit neuen Leseexemplaren und vor Neugier fast platze…
Es gibt ein absolutes Tabu in meinem Laden (und da lasse ich die Chefin raushängen unter Ankündigung von Prügelstrafe), dass alle Pakete, die nach Leseexemplaren aussehen, im Büro gestapelt werden und nur von mir im richtigen Moment an einem Sonntag, wenn ich alleine bin, ausgepackt werden dürfen. Es ist immer der letzte Sonntag vor der Weihnachtsfeier mit den Kolleginnen, wo dann nicht nur die Geschenke ausgetauscht werden, sondern auch jede sich die Leseexemplare aussucht, die sie als erste lesen will. Für mich ist auch dieser Vorgang sehr wichtig, weil das garantiert später auch die Titel sind, die für unseren Einkauf wichtig werden. Natürlich gilt das umso mehr noch für die Bücher, die ich selbst an besagtem Sonntag mit einem leicht schlechten Gewissen abschleppe, weil es sich dabei natürlich um die Sahnestückchen handelt. Es gibt dann die schwere Entscheidung über die Reihenfolge, in der ich lese und die kostbaren Momente der Entdeckungen und oft auch Überlegungen, ob man eine Autorin/ einen Autor für eine Veranstaltung gewinnen könnte und und und….

Übrigens gehört zu unserer Tradition, die alten Leseexemplar für 2.50 Euro zu verkaufen, was auch für die Mitarbeiterinnen gilt. Der Erlös wird von mir ordentlich aufgerundet und geht in jedem Jahr an eine andere Institution (oder auch mal an eine ostdeutsche Kollegin, die durch die Überschwemmung 1997 fast alles verloren hatte), die mir am Herzen liegt. Übrigens ist es in diesem Jahr erstmalig das Sozialwerk des deutschen Buchhandels, deren Kontonummer ich gleich noch raussuchen werde.

Es war mir ein großes Anliegen, Sie wissen zu lassen, wie wichtig diese Leseexemplare für unsere Arbeit sind.

Unbekannterweise grüßt Sie die Buchhändlerin aus Vellmar

Katharina Engelhardt