Meinung

Neue Sorgen durch Sanssouci

27. November 2008
von Börsenblatt
Die Potsdamer Stiftung Preußische Schlösser und Gärten schröpft die Verlage. Journalist Karim Saab fordert die Branche auf, sich zu wehren.
Verleger aufgewacht! Ein bisher kaum existenter Kostenfaktor schleicht durch die Hintertür in eure Bücher! Die Fotorechte für Reise- und Kunstführer, Bildbände und Kalender werden sich deutlich verteuern. Die Branche ist gerade im Begriff, einen neuen Gebührenhunger der Öffentlich-Rechtlichen kampflos hinzunehmen. Dafür sorgt als Vorreiter eine Stiftung, die im Auftrag des Bundes und zweier Länder Kulturgüter verwaltet. Die steuerfinanzierte Einrichtung möchte reichlich abkassieren, aber doch auch ihr öffentliches Ansehen kontrollieren. Andere ­Eigentümer von Sehenswürdigkeiten, ob Kirchen oder GmbHs, dürften bald einen ähnlichen Gebühren-Appetit entwickeln. Seit einigen Jahren schickt die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg Zahlungsaufforderungen an Verlage, wenn sie in Publikationen Fotos der königlichen Residenzen rund um Sanssouci entdeckt. Es reicht nicht mehr, wenn ein Verleger von einem Fotografen die Abdruckrechte erwirbt, die Stiftung stellt in ähnlicher Höhe noch ein Nutzungshonorar in Rechnung. Natürlich benötigt die Stiftung sehr viel Geld, um die wertvollen Kulturgüter zu erhalten und zu pflegen. Doch statt mitreißende Kampagnen zu initiieren, statt durch Einfallsreichtum, Marketing­ideen und Überzeugungsarbeit die Gesellschaft für ihre große Aufgabe zu gewinnen, sollen es Restriktionen, Unterlassungs­klagen und Gebührenbescheide richten. Auf diesem Wege soll den eigenen Publikationen ein Wettbewerbsvorteil verschafft werden. Hartmut Dorgerloh, Generaldirektor der Stiftung, verwirklicht einen erzkapitalistischen Grundgedanken mithilfe des preußischen Amtsschimmels. Die Vision des 46-Jährigen ist es, verbliebene Freiräume zu ökonomisieren. Für das Betreten der königlichen Parkanlagen, die stets allen Bürgern offen standen, möchte er künftig Eintritt erheben. Die Verknappung dieser Ressource lässt sich natürlich nur durch Law and Order durchsetzen. Im ablaufenden Jahr machte er vor allem durch eine rigide Parkordnung von sich reden, die er gegen massive Bevölkerungsproteste aber nur teilweise durchsetzen konnte. Die Stiftung kalkuliert für 2009 etwa 65.000 Euro Mehreinnahmen durch sogenannte Film- und Fotorechte. Das ist nicht viel. Ökonomisch dürften sich die Bildgebühren als wenig rentabel erweisen. Denn um das Geld administrativ und juristisch einzutreiben, um entsprechende Verträge aufzusetzen und Verhandlungen zu führen, muss die Stiftung viel wertvolle Arbeitszeit einsetzen. Auf Seiten der Verlage sieht das nicht anders aus. Viele Bildredakteure klagen schon heute, dass sie viel Zeit vertun, um die neue bürokratische Hürde zu nehmen. Potsdam steht in der »Hass-Liste« bei ihnen ganz oben. Ein Image-Verlust ist längst auch im wahrsten Sinne des Wortes eingetreten. Denn in den einschlägigen Reiseführern und Kalendern werden die preußischen Schlösser immer seltener abgebildet. Dem Fremdenverkehr in Brandenburg dürfte die Entwicklung kaum dienlich sein. Die Verlagsszene wäre gut beraten, sich gegen das neue, lästige Raubrittertum deutlich zu positionieren. Bisher hoffen einige Häuser, dass ohne Zustimmung der Stiftung erfolgte Abdrucke unentdeckt bleiben. Viele fürchten, sich als Gegner der Stiftungspolitik zu exponieren. Denn ob und in welcher Höhe ein sogenanntes Nutzungs­honorar geltend gemacht wird, liegt ganz im Belieben der Stiftung. Sie spielt sich auf nach dem feudalistischen Prinzip Gnade vor Recht. Sind die Verlage zu zögerlich? Müssten sie deutlicher für ihre Interessen eintreten?