Karl Udo Wrede

»Der nicht nur gern in Bilanzen las«

28. November 2008
von Börsenblatt
Gestern Abend verabschiedete die Branche Karl Udo Wrede, langjähriges Vorstandsmitglied der Ganske Verlagsgruppe, in den Ruhestand.
Dazu sind Hanseaten wohl besonders begabt: zu dieser eher stilleren Herzlichkeit. Die ist oft intensiver als die laute. Nordlichter-Rhetorik. Die Abschiedsworte des Hamburger Verlegers Thomas Ganske an seinen obersten Kaufmann gestern Abend geben ein gutes Beispiel dafür ab. Seine Laudatio zielte auf den »vernunftbegabten Planer« Karl Udo Wrede, langjähriges Vorstandsmitglied der Ganske Verlagsgruppe, der nun seinen Ruhestand antritt (genauer: was man in Ermangelung treffenderer Bezeichnungen Ruhestand zu nennen sich angewöhnt hat). Der »richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort« sei Wrede gewesen, als man Anfang der achtziger Jahre zusammengekommen sei und sich auf gemeinsame Unternehmungen geeinigt habe. Aber nicht allein den Macher, der nie lange fackelte, sondern auch den Bildungsbürger Wrede stellte sein Chef noch einmal heraus, einen »Verlagsleiter, der nicht nur gern in Bilanzen las«, einen Literaturfreund, Musikkenner, Theatergänger. Und einen, der bei aller persönlichen Schaffenskraft doch immer auch getragen worden sei von der Unterstützung durch seine Frau Agnes. Vorenthalten mochte Gastgeber Ganske im Nobelhotel Vier Jahreszeiten seinen Zuhörern auch nicht den unbequemen Führungsmann, der hart argumentieren, zielstrebig entscheiden und hohes Tempo gehen konnte: »druckvoll, kaltblütig, reaktionsschnell«. Tolle Trias. So einen wolle man stets hinter sich wissen – »bloß nicht auf der Straße«, schränkte der Verleger sein Lob mit Blick auf ein paar Flensburger (Schwach)Punkte des zu Verabschiedenden ein. Alles in allem waren es maximal versöhnliche Worte an einen, der 28 Jahre lang, inspiriert vom Harvestehuder Alsterblick, ein wahres Projektfeuerwerk gezündet und seine Objekte in den meisten Fällen auch zum Leuchten gebracht hat. Nur dass Herr W., der die Eleganz des Burgunders zu rühmen pflegt, in Sachen Rotwein partout nicht auf die Linie des Herrn G., welchem der Charakter des Bordeaux doch überlegen scheint, einschwenken wollte, diesen kleinen Akt kulturellen Widerstands nahm der Chef seinem Angestellten ein wenig übel. Und das musste zum Schluss auch mal mit ins Protokoll. Für den kollegialen Freundeskreis nahm Thieme-Verleger Albrecht Hauff das Wort. Er klärte, an Wrede gerichtet, die Versammlung zunächst über den tieferen Sinn ihres Zustandekommens auf: Man sei doch wohl so zahlreich erschienen, »um persönlich sicherzustellen, dass das mit Deiner Verabschiedung nun auch wirklich hier so stattfindet«. Da kam Freude auf im Saal. Denn hinter dem Humor des Schwaben zeichneten sich eben auch die Konturen des etwas anderen Wrede ab, des bis zum Gefürchtetsein Respektierten. Hauff erinnerte nur an die »Hamburger Diskurse«, Wortgefechte von hanseatischer Hitze, die sich der Ganske-Mann zur höheren Unterhaltung (seltener: Einsicht) des Publikums mit seinem Rowohlt-Kontrapart Helmut Dähne lieferte. Ein besonders schönes Geschenk hatte Börsenvereinsvorsteher Gottfried Honnefelder mit an den Jungfernstieg gebracht und packte es, dramaturgisch gelungen, erst zum Ende seiner Dankesworte an den auch ehrenamtlich Höchstengagierten aus: Auf der nächsten Hauptversammlung wolle man ihn, Wrede, nun mit der maximalen Ehrbezeigung grüßen, die der Verband zu bieten hat. Dann wird Karl Udo Wrede, der Ruheständler, jedenfalls an der Friedrich-Perthes-Medaille zu tragen haben. Abermals keine geringe Aufgabe.