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Der Goldene Maulwurf

13. Januar 2009
von Börsenblatt
Zeitungskrise? "Der Umblätterer“ kürt die besten Feuilleton-Texte des Jahres 2008 – und macht Werbung für ein weltweit einzigartiges Medium.
"Der Umblätterer“ (www.umblaetterer.de) ist ein Themen-Blog, das im Mai 2007 von sieben jungen Feuilleton-Afficionados, die es nach dem Studium an der Leipziger Universität in alle Himmelsrichtungen verstreute, gestartet wurde. Nach dem Vorbild moralischer Wochenschriften des 18. Jahrhunderts beschäftigt sich das selbsternannte „Consortium Feuilletonorum Insaniaeque“ unter seinem Wappentier, dem Maulwurf, vor allem mit den Feuilletons und Kulturseiten der meinungsbildenden Zeitungen und Magazine, aber auch mit Online-Medien, Filmen und amerikanischen TV-Serien. Eigentlicher Anlass zur Gründung des „Umblätterers“ war die Kür der „angeblich zehn besten Artikel“ (Perlentaucher) aus den Feuilletons eines Zeitungs- und Internet-Jahres, die seit 2005 zunächst auf den Seiten des Online-Feuilletons satt.org stattfand. Mit der vierten Auflage der jährlichen „Best of Feuilleton“, die heute online gegangen ist, vergeben die „Umblätterer“ für die besten Texte erstmals einen ‚richtigen’, wenn auch virtuellen, Titel: In konsequenter Anlehnung an ihr Wappentier und mit Blick aufs manische Wühlen in alten Zeitungsbergen ist es „Der Goldene Maulwurf“. Angeführt wird das höchst subjektive, mit liebevollen Mini-Laudationes begleitete Maulwurfs-Ranking von Iris Radischs heißblütigem Littell-Verriss aus der „Zeit“, weitere preisgekrönte Texte mit Literaturbetriebs-Bezug sind Alex Rühles wunderbare Blütenlese aus der Welt der Buchwerbe-Blurbs (SZ), Benjamin von Stuckrad-Barres Mitschrift einer grandios gescheiterten Lesungs-Provokation im Berliner Ensemble (Die Welt) oder die Polemik von Oliver Jungen gegen die Auswüchse der Autorenförderung nebst einer Replik von Richard Wagner (FAZ). „Wir interpretieren das Feuilleton als nicht enden wollenden Gegenwartsroman, mit all seinen literarischen Glanzpunkten und inhaltlichen Schrecklichkeiten“, schreibt Frank Fischer, der unter dem Pseudomnym Paco so etwas wie der spiritus rector des „Umblätterers“ ist. Und warum die Feuilleton-Meisterschaft? „Feuilleton-Autoren schreiben in einer Halbwelt. Ihr Schreibgegenstand, ‚die Kultur’, ist zwar kein Geheimnis, ihre Namen allerdings merkt man sich, wenn überhaupt, oft erst nach hundertmaligem Lesen. Wenn Autoren allmählich zu Lieblingsfeuilletonisten werden, dann sind sie keine austauschbaren ‚Kultur- und Medienjournalisten’ mehr, sondern Stilisten, die den Ton einer ganzen Zeitung prägen können.“ Man spürt: Hier sind wahre Fans am Werk. Und das Schönste: Die preisgekrönten Beiträge sind sämtlich per Link erreichbar. Wenn die Feuilleton-Ausbeute des heutigen Tages also etwas mager ausfallen sollte – mit dem „Umblätterer“ ist beste Unterhaltung garantiert. Zeitungskrise? Der Maulwurf weiß es besser.