Interview

Die Krise macht kreativ

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Mayersche-Chef Hartmut Falter will sein Unternehmen auch in schwieriger werdendem Fahrwasser auf Expansionskurs halten. Immer wichtiger werden für den Großfilialisten die 1-a-Lauflagen in den Innenstädten.

Das Konsumklima war im Februar positiver als die Wirtschaftslage es vermuten lässt. Spüren Sie die gute Stimmung der Verbraucher auch in Ihren Buchhandlungen?
Falter:
Nach einem guten Weihnachtsgeschäft sind wir sowohl mit den Ergebnissen des Januars als auch des Februars zufrieden. Das Konsumklima in unseren Buchhandlungen ist nach wie vor gut und stimmt uns optimistisch. Die kommenden Monate werden zeigen, ob sich die Rahmenbedingungen ändern.

Werden Sie aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen beim Expandieren auf die Bremse treten?
Falter:In diesem Jahr stehen sechs Neueröffnungen an. Als neue Standorte stehen bisher Lüdenscheid, Troisdorf, Wesel, Essen Passarelle, Castrop-Rauxel und Koblenz fest. Die Mayersche Buchhandlung festigt mit diesen weiteren Expansionen die Marktführerschaft in Nordrhein-Westfalen. Im Frühjahr erweitern wir zudem unsere Buchhandlung am Kölner Neumarkt. Im Herbst dieses Jahres werden wir auch unser Aachener Stammhaus umbauen und erweitern.

Ist die Krise vielleicht sogar eine gute "Einkaufszeit" für die großen Buchhändler, weil es vielen kleineren Buchhandlungen schlecht geht und diese günstig zu haben sind?
Falter: Die Mayersche „kauft“ Bücher, nicht Buchhandlungen. Im Ernst, wir hatten in den letzten Jahren einige Verhandlungen zu Übernahmen, eine werden wir in Kürze bekannt geben. Wir bemerken in diesem Bereich eine verstärkte Kontaktaufnahme mit uns. Insbesondere sind dies Empfehlungen durch Buchhändler, von denen wir Buchhandlungen erworben haben.

Welches Wachstum streben Sie in diesem Jahr an?
Falter: Wir streben in diesem Jahr ein solides einstelliges Wachstum an.

Mussten Sie bereits Wachstumsziele für 2009 korrigieren?
Falter:
Wir haben in den letzten drei Jahren 28 Buchhandlungen neueröffnet und übernommen und im Zuge dieser Expansion insgesamt über 400 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt. Mit diesen Ergebnissen liegen wir über unseren Planzielen.

Besonders das Weihnachtsgeschäft soll nach Aussagen der Wirtschaftsexperten "ein Desaster" werden. Mit welchen Mitteln wirken Sie dagegen?
Falter:
Ein "Desaster" für das Weihnachtsgeschäft können wir uns derzeit nicht vorstellen. Mit unseren zahlreichen Projekten für 2009 sind für positiv und progressiv gestimmt. Wir analysieren insbesondere derzeit alle Sortiments-Warengruppen im Hinblick auf ihre Effizienz und Umsatzpotenziale. Weitere Beispiele sind die Neueröffnungen, ein neues Leseförderungsprojekt und der Ausbau der Kooperation mit Zweitausendeins. Nach den erfolgreichen Shops in Aachen, Bochum, Düsseldorf, Forum Duisburg, Essen und Gütersloh sind Flächen in zehn weiteren Buchhandlungen geplant. Mit dem Kult- und Kulturversand Zweitausendeins können wir viele neue Kundengruppen ansprechen. Ein immer wichtigerer Teil des Buchhandels sind die Nonbook-Artikel. Hier setzen wir auf bewährte Partner, werden aber auch Partnerschaften mit neuen Lieferanten und neuen Artikeln eingehen. Zudem beginnen wir jetzt, die Ergebnisse des Independent Days umzusetzen. In den letzten Wochen fanden Einkaufstermine statt, die sich ausschließlich mit unabhängigen Verlagen befassten. Wir werden unser Sortiment hier mit zahlreichen Novitäten vergrößern und dieses Projekt schrittweise in weiteren Buchhandlungen umsetzen bzw. optimieren

Spüren Sie die Krise an unterschiedlichen Standorten auf verschiedene Weise?
Falter:
Nein, aber wir spüren, dass in den Innenstädten 1A Lauf-Lagen immer wichtiger werden.

Hat sich bis jetzt etwas an der Zusammenarbeit mit Ihren Banken geändert? Sind die Kreditinstitute vorsichtiger geworden?
Falter: Die Zusammenarbeit mit unseren Banken hat sich nicht verändert. Wir haben seit Generationen ein vertrauensvolles Verhältnis zu den regionalen und lokalen Banken und müssen uns glücklicherweise nicht mit internationalen oder problembeladenen Banken beschäftigen.

Wie entwickelt sich der Verkauf von E-Books?
Falter: Nach der erfolgreichen Premiere des E-Books „iLiad“ im vergangenen Jahr, das die Mayersche als erste deutsche Buchhandlung anbot, wird im März mit dem Verkauf des Sony E-Books die Präsenz auf dem entstehenden Markt ausgebaut. In den größeren Buchhandlungen haben wir neben "iLiad", das "BeBook" der MacLand Computer GmbH im Sortiment. Der Sony Reader -als das namhafteste Produkt auf dem europäischen Markt- wir nach Veröffentlichung in allen unseren Buchhandlungen zum Verkauf stehen.

Werden Sie dieses Geschäftsfeld ausbauen?
Falter:
Wir werden zunächst das Kundenverhalten hier intensiv beobachten. Wen wir die Krise stärker treffen? Die großen oder die kleinen Buchhandlungen? Dies ist weniger eine Frage der Größe sondern vielmehr eine Frage der persönlichen Einstellung: Wer langsam und rückwärtsgerichtet denkt, gehört seltener zu den Gewinnern.

Was ist für Sie das Beste an der Krise?
Falter:
Eine Krise 'zwingt' gewissermaßen dazu, alles Aktuelle in Frage zu stellen und sich auf die wichtigen Dinge zu konzentrieren. In unserem Unternehmen nutzen wir die derzeitige Situation für einen kreativen Prozess und schnallen den Gürtel etwas enger.

Was ist das Schlimmste?
Falter: Wir haben uns vorgenommen, positiv zu denken und nach vorne zu schauen. Die Krise zeigt uns, wie wichtig es ist, ein klares Konzept zu haben und dieses auch konsequent umzusetzen: Die Mayersche wird dieses Jahr gegen den Wind segeln.