Interview

Veredelte Tonware

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Am Sonntag wird in Köln der Deutsche Hörbuchpreis vergeben. In der Kategorie »Das besondere Hörbuch« steht Robert Galitz auf dem Treppchen, Mitherausgeber der Edition Zweitausendeins Dokumente.

Sie sind Mitherausgeber der Höredition Zweitausendeins Dokumente. Was sind Ihre Aufgaben?
Galitz: Kurt Kreiler und ich schlagen die Autoren vor, planen und entwickeln die Edition, recherchieren, edieren, schneiden, bearbeiten den Klang und verhandeln die Verträge vor. Wir geben die fertigen CDs so zusagen schlüsselfertig ab. Das Team von Zweitausendeins textet und gestaltet das Beibuch, schließt die Verträge ab und produziert.

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Besonders gelobt wurde von der Jury die Verbindung von Hörbuch und Begleitmaterialen. Ist das Hörbuch etwa kein eigenständiges Medium? Braucht es
das Buch, um komplett zu sein?

Galitz: Um sich in den bis zu 33 Stunden nicht zu verlieren, sind die Beibücher wie eine Art Reiseführer. Briefe, Zitate etc. geben ein Gefühl für das Werk und Entscheidungshilfen für das gezielte Hören einzelner Stücke. Artikel wie "Gottfried Benn und der Rundfunk", den Thilo Koch, der Benn selbst interviewt hatte, noch extra für die Hör-Edition geschrieben hat, geben ihr eine weitere Dimension. Solche Texte wären in einem Booklet verschenkt. Und, ganz praktisch: Das Buch ist unser Kopierschutz.

Sie bringen bei Zweitausendeins Schätze aus den Rundfunkarchiven zum klingen. Ist noch genug da?
Galitz: Die Gesamtheit der Rundfunkarbeit ist ein Schatz ungeheuren Ausmaßes. In diesem Medienozean - unser Verlagsname mOceanOTonVerlag spielt darauf an - ist noch eine Menge Wertvolles. Aber die meisten Teile sind einzeln gar nicht vermarktbar. Erst in der Gestaltung der Gesamt-Edition kommt ihr Wert zum Tragen. Der extreme Aufwand des Edierens, der in anderen Fällen von Museen oder wissenschaftlichen Institutionen geleitet wird, begrenzt naturgemäß das Veredeln der Schätze. Dabei geht es nicht nur um Schätze aus den Rundfunkarchiven: Die Schwitters-Ursonate fanden wir auf einer zerbrochenen Schellack-Platte im Schwitters-Archiv. Wir haben sie restauriert und erstmals nach Jahrzehnten wieder hörbar gemacht. Den Wert der O-Ton-Editionen macht gerade aus, dass sie nicht beliebig vermehrbar sind. Unter den Autoren wurden nur solche ausgesucht, die auch Vortragskünstler sind.

Was sind Ihre nächsten Projekte?
Galitz: Wir arbeiten wir an der Familie Mann. Die beiden Eltern und jedes der sechs Kinder erzählen in Originaltönen völlig unterschiedliche, teils gegensätzliche Geschichten, die sich in ihrer Gesamtheit zu einer großen, spannungsgeladenen Ganzen verweben. Das Werk soll im Herbst erscheinen.

Ein solches Werk dürfte sich auch im stationären Buchhandel gut verkaufen. Genügt Ihnen die Reichweite von Zweitausendeins?
Galitz: Ich glaube, der Buchhandel ist auf Kombiprodukte noch nicht eingestellt. Sie passen nicht recht ins Regal und man weißt nicht, in welche Abteilung sie gehören. Bei Zweitausendeins können wir zudem über die direkte Kundenansprache viel Überzeugungsarbeit leisten.

Wie kam es zu einer eigenen Hörbuchedition? Der Versender steht doch eigentlich für Reste.
Galitz: Eigenproduktionen gehörten von Anfang an zur Identität von Zweitausendeins. Denken Sie nur an die Gedichtbände von Wolf Wondraschek oder das Anti-AKW-Buch »Friedlich in die Katastrophe«. Zweitausendeins traut sich einfach was.