Job- und Karriereperspektiven im Buchhandel

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Von der Ausbildung bis zum Geschäftsleiter. Wie geht das? Welche Fähigkeiten muss man haben, um Buchhändler überhaupt zu werden? Und welche Aufstiegschancen bieten sich einem an? Auf einer Podiumsdiskussion am Karrieretag: Buch + Medien auf der diesjährigen Leipziger Messe berichten drei Branchenspezialisten über ihren Erfahrungen in dem Berufsfeld des Buchhändlers.
Nachdem am Vormittag die Job- und Karriereperspektiven im Verlag erläutert wurden, wenden sich nun am Nachmittag drei erfahrene Sortimenter den zahlreichen Arbeitsbereichen im Buchhandel zu. Die Teilnehmer an der Podiumsdiskussion waren: Ute Bauer, Hauptgeschäftsleiterin im Bereich Buch beim Kulturhaus Dussmann, Heinrich Riethmüller, Geschäftsführer der Osianderschen Buchhandlung und der pädagogische Leiter der Schulen des Deutschen Buchhandels in Frankfurt am Main, Thomas Casagrande.

Ute Bauer begann ihre Karriere mit einer Ausbildung zur Buchhändlerin in einer Herder-Filiale. Dort bot sich ihr die Gelegenheit an, bei einem Förderprojekt für buchhändlerischen Nachwuchs mitzumachen. Sie bekam Einsicht in die Aufgaben einer Geschäftsleitung und sammelte sogleich hilfreiche Erfahrungen.
Heinrich Riethmüller ist der Sohn des ehemaligen Geschäftsführers der Osianderschen Buchhandlung. Wurde ihm die leitende Position somit in den Schoß gelegt? Nein! „Mein Vater bestand darauf, dass ich meine Ausbildung in einer fremden Buchhandlung mache, meine eigenen Erfahrungen sammle und mir die Position des Geschäftsführers eigenhändig erarbeite“, so Riethmüller. Er selbst war genau derselben Ansicht und begann seine Lehre zum Buchhändler bei der Universitätsbuchhandlung Ziehank in Heidelberg. Danach ging er zusammen mit seinem Bruder auf Reise. Unterwegs mit einem Bus verkauften sie Bücher in ländlichen Gebieten. Erfolglos kamen sie zurück und Heinrich Riethmüller übernahm anschließend die Leitung der Abteilung Geschichte und Politik in der Buchhandlung seines Vaters.

Als erster Punkt kamen die Fähigkeiten eines Buchhändlers ins Gespräch. Nach Heinrich Riethmüller muss der Buchhändler kommunikativ, offen und vor allem informiert sein. Informiert heißt: „im Leben stehen, Zeitung lesen und offen gegenüber allen Medien sein“, erläutert Riethmüller. Wenn man über das Weltgeschehen nicht bescheid weiß, kann man im Verkaufsgespräch mit den Kunden nicht auf aktuelle Ereignisse Bezug nehmen. Ute Bauer fügt noch das kaufmännische Verständnis und die Fähigkeit zu verkaufen hinzu. Sie erwartet Offenheit und freundliches Auftreten gegenüber dem Kunden. Die Auszubildenden der Osiandersche Buchhandlung durchlaufen ein Mal in ihrer Ausbildung ein Theaterprojekt, in dem sie ein Theaterstück auf die Beine stellen. Das Ziel ist es, die Lehrlinge in Körpersprache, freiem Reden etc. zu schulen und ihnen die Scheu vor dem Kunden zu nehmen. Ein weiteres Projekt der Osianderschen Buchhandlung besteht darin, dass Auszubildende abwechselnd die Leitung einer Buchhandlung für drei bis vier Monate übernehmen. So lernen sie frühzeitig Verantwortung zu übernehmen.

Welche Aufstiegschancen bieten sich nach einer Buchhändlerlehre? Ein Weg ist: Ausbildung, Warengruppenleiter, Filialleiter. Aber neben dem beruflichen Aufstieg in einer Buchhandelskette sieht Thomas Casagrande auch eine sehr gute Karriere in einer kleineren Buchhandlung. Dort besteht oft die Chance nach einiger Zeit die Führung der Buchhandlung zu übernehmen. Ein anderer Weg wäre nach der Ausbildung in ein Studium einzusteigen, um anschließend selbstständig zu werden, von einem großen Unternehmen übernommen zu werden oder in einem Verlag Fuß zu fassen. Aber nicht jedem liegt die Funktion eines Geschäftsführers, viele sind auch in einer niedrigeren Position sehr glücklich.

Interessant war auch zu hören, dass sehr viele Studienabbrecher eine Ausbildung zum Buchhändler anfangen. Sie werden besonders gerne eingestellt, weil sie erfahrungsgemäß die größte Allgemeinbildung mitbringen, welche für einen Buchhändlertätigkeit von großer Bedeutung ist. „Aber auch nach einem abgeschlossenen Studium ist die Ausbildung eine sich lohnende Investition in Bildung“, unterstreicht Thomas Casagrande. Und er fügt noch hinzu, dass es nicht unbedingt ein Studium sein muss, ein Hauptschulabgänger kann auch tolle Ideen haben. Es kommt immer auf die Persönlichkeit an!