Interview

"An Downloads kommen Notenproduzenten nicht vorbei"

23. Juli 2015
von Börsenblatt
In einem gemeinsamen Portal wollen Musikverleger ihren Kunden hochwertige Noten zum legalen Download anbieten. Wie das funktioniert, erklärt Matthias Hutzel, Marketing- und Vertriebsleiter bei Schott Music in Mainz.
Schott Music will in Kürze ein Download-Angebot für Noten vorstellen. Warum? Gibt es Wettbewerbsdruck, mit E-Books im Notensegment aktiv zu werden?
Hutzel: Wir meinen: Es ist höchste Zeit, ein umfangreiches und vor allem legales Download-Angebot für Musiknoten zu schaffen. Wir sehen darin eine der großen Chancen für das Produkt Note. Das digitale Produkt wird in Zukunft ein wichtiges neben physischen anderen Produkten sein. Der Vertriebsweg ist international, schnell und vor allem sehr attraktiv für jüngere Nutzer. Musiker werden auf der neuen Plattform ein sehr umfangreiches Angebot an Noten finden und per Download kaufen können, denn wir entwickeln unsere Download-Plattforn zusammen mit anderen Verlagen. Schon jetzt sind die Verlage Universal Edition, C. F. Peters und Doblinger mit im Boot, und weitere wichtige Verlage haben auf der Musikmesse großes Interesse bekundet.

Ein Pilotprojekt läuft bereits über den US-Anbieter www.freehandmusic.com . Wie sind die Erfahrungen?
Hutzel: Wir sind sehr froh über die Erfahrungen, die freehandmusic gemacht hat, denn wir haben dabei auf die technische Umsetzung und auf das Nutzerverhalten viel lernen können. Anhand der Zusammenarbeit mit diesem Downloadshop, in dem wir aus unserem Katalog bis jetzt circa 2.000 gemeinfreie Musikstücken angeboten haben, konnten wir beobachten, dass hier zwar noch keine großen Umsatzzahlen erreicht werden können, dass diese aber von Jahr zu Jahr stark steigen.

Wie umfangreich wird das Angebot sein? Was wollen Sie zum Download bereitstellen – in welchem Format?
Hutzel: Der Schwerpunkt unseres Angebotes soll zunächst auf dem Klassikrepertoire liegen, alle Instrumente und Besetzungen umfassen und auch ausgewählte geschützte Musik. Unser Interesse ist es, das anzubieten, was unsere Kunden als Download haben wollen. Wichtig sind dabei auch Orientierungshilfen für Musiker, die für sich oder ihr Ensemble ein Repertoire durchsuchen möchten, um Kompositionen mit einem machbaren Schwierigkeitsgrad oder in der passenden Besetzung zu finden. Dafür stehen dann etwa die digitalen „Probepartituren“ und andere praktische Anwendungen zur Verfügung.
Bei der technischen Realisierung steht uns mit der Firma mtG  aus Darmstadt ein hochinnovativer Partner zur Verfügung, der bereits viel Erfahrung auf diesem Gebiet hat, so dass wir verschiedene Formate werden anbieten können. Zum Start konzentrieren wir uns auf pdf-Dateien und damit auf ein weit verbreitetes Format.

Soll es dafür eine Schott-eigene Plattform geben – oder werden Sie auch über andere Plattformen vertreiben?
Hutzel: Das neue Downloadportal wird ein Gemeinschaftsangebot vieler Verlage werden. Nur so lohnen sich die Investitionen in Technik, Design und Pflege des Shops und nur so können wir den Nutzern ein wirklich attraktives Angebot machen. Unser gemeinsames Geschäftsmodell, das wir auf der Frankfurter Musikmesse jetzt gerade vorgestellt haben, sieht die Einbindung des Handels und auch von anderen Plattformen vor – als White Label-Lösung oder als Affiliate-Modell.

Noten dürften schon jetzt zu den meistkopierten Druckwerken überhaupt gehören. Die Zahl der Raubkopien dürfte durch ein Online-Angebot noch mal explodieren ... Lässt sich vorbeugen, etwa durch Kopierschutz?
Hutzel: Wir sind ganz im Gegenteil davon überzeugt, dass wir mit der Möglichkeit zum Downloaden eine preisattraktive, legale Alternative zum Kopieren anbieten, die den großen Vorteil hat, dass die gesuchte Ausgabe leicht und unabhängig vom Standort des Users sofort verfügbar ist. Heruntergeladene, also bezahlte Dateien sind mit einem sichtbaren und unsichtbaren Wasserzeichen versehen und personalisiert. Wir sind hier auf einem sehr innovativen technischen Stand, weil wir mit mtG einen Partner gewählt haben, der aus der digitalen Sicherheitstechnik kommt und beste Erfahrungen und Referenzen hat. Eines ist aus unserer Sicht sicher: Wer im 21. Jahrhundert noch Noten publizieren will, kommt an Downloads auf keinen Fall vorbei!