»Causa Darmstadt«

Einstweilige Vergnügung

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Rechtsstreit fördert die Klarheit über das, was als verboten gilt. Nichts bringt dies so gut auf den Punkt wie der Begriff »Unterlassungsanspruch«. Geschäftsideen haben das Gegenteil zum Ziel. Sie be­anspruchen nicht die Unter­lassung, sondern den Versuch. Ein Kommentar von Börsenblatt-Chefredakteur Torsten Casimir.

In der leidenschaftlich geführten Debatte über den Umgang der ULB Darmstadt mit digitalisierten Lehrbüchern laufen beide Ebenen – die Entwicklung des Rechts und die des Geschäfts – nebeneinander her. Es wäre nützlich, sich über den Unterschied mehr Gedanken zu machen.

Die Beziehung zwischen Bibliotheken und Verlagen steckt in einer Krise. Zu Kenntnis zu nehmen sind radikal neue Erwartungen auf Kunden­seite: Digital vorliegende Bücher haben den Anspruch der Nutzer auf Erschließbarkeit, Beschaffung und Vervielfältigung in einer Weise verändert, die von manchen Anbietern noch nicht gut verstanden wird. Der Bruch geltenden Rechts darf daher nicht nur als Grund für Klageschriften dienen, sondern muss zugleich Anlass zum Angebot von Gesprächen geben.

Nur im testosteronfrei geführten Dialog lässt sich bei Kunden der Verlage Verständnis dafür zurückgewinnen, dass der argumentative Kurzschluss von technisch Machbarem auf legale Praxis in der Sackgasse endet. Zirkulation geistiger Güter wird auch künftig sinnvoll nur über Zahlungen reguliert. Niemand soll glauben, die Produktion dieser Güter würde weitergehen, wenn die Zahlungen ausblieben.

Es hilft nicht, mit Argu­menten (oder gar ohne) aufeinander einzudreschen, um Studenten gegen Autoren auszuspielen. Unterlassung? Unbedingt. Aber bitte auch neue Geschäftsmodelle! Das Säbelrasseln taugt vermutlich nur zur einst­weiligen Vergnügung.