Eine Reise in die Hamburger Verlagswelt

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Am 13. April dieses Jahres machten sich 20 Studenten der Erlanger Buchwissenschaft auf den Weg nach Hamburg. Auf dem Programm standen acht verschiedene Verlage bzw. branchenbezogene Institutionen, die ihr jeweiliges Profil vorstellen sollten. BoD (Books on Demand), der Spiegel, die edition Körber-Stiftung, Rowohlt, Hörbuch Hamburg, das Literaturhaus, der Helmut Buske/ Felix Meiner Verlag und Libri.de verschafften uns einen Einblick in ihre Arbeitswelt. Diskutiert werden im Folgenden vor allem die Besuche, bei denen wir entweder von außergewöhnlichen Konzepten beeindruckt wurden, oder die in der Diskussion besonders anregend waren.
Bücher über Nacht – BoD (Books on Demand)
Gleich zu Beginn besuchten wir eine Idee von Libri, die aber 1997 beschlossen hatte, selbst-ständig zu werden. Die Pressesprecherin von BoD (Books on Demand) erklärte uns, wie man namenlosen Autoren eine ziemlich kostengünstige Chance auf eine Veröffentlichung bieten kann. Das Konzept, das Buch erst nach dem Bestellauftrag eines Käufers zu drucken, ist ein großer Vorteil für unbekannte Autoren – sie bleiben nicht auf ihren Büchern sitzen. Und auch Verlage wie Springer und Suhrkamp haben den Vorteil, Titel mit einer geringen Auflage schnell drucken und liefern zu können, erkannt. Wenn ein Bestellauftrag bis zwölf Uhr mittags eingeht, ist es der Produktion möglich, ein Softcover über Nacht herzustellen und zu verschicken. Da sich zudem die Qualität der Bücher innerhalb der letzten zehn Jahre enorm gesteigert hat und man sich über das Internet das eigene Buch zusammenstellen kann, breiten sich die Möglichkeiten für BoD im Buchhandel weiter aus. Das eigene Fotobuch kann man bereits bestellen, und ein Marginalglosse-Blog-Buch.......hmmm.

Arbeiten ohne Verkaufszwang – Die edition Körber-Stiftung
Kurt A. Körber war ein Erfinder, der mit über 200 Patenten sehr viel Geld verdiente. Für ihn bestand die Gesellschaft aus den drei Säulen Politik, Wirtschaft und der moralischen Verfassung des Bürgers. Um diese dritte Säule zu stärken, gründete er 1959 die Körber Stiftung, deren Vermögen sich auf ca. 517 Mio. Euro beläuft. Die Themen der Stiftung sind internationale Politik, Bildung, Wissenschaft, Gesellschaft und junge Kultur. An diesen Themen orientiert sich auch der Buchverlag (edition Körber Stiftung), der sehr eng mit dem Vorstand zusammenarbeitet. Die Autoren sucht sich der Verlag in der Regel selbst. Das ist unter anderem auch deshalb nötig, um den hohen Standard zu sichern und die provokanten Meinungen fundiert darzustellen. Die Reihe „Standpunkte“ beispielsweise vertritt Titel wie „China ist kein Reich des Bösen“ von Georg Blume und versucht so politische Diskussionen in Gang zu bringen. Es ist natürlich besonders reizvoll auf diese Art Bücher zu verlegen, da man unabhängig vom Verkauf leben kann und einen hohen Anspruch anlegen darf. Einen schwierigen Stand dagegen hat das Marketing in dem Verlag, da nicht viel Geld für Werbung ausgegeben wird. Anders ist auch, dass nicht der Lektor bzw. der Verleger, sondern der Vorstand das letzte Wort inne hat.

Die Zukunft des E-Books – Rowohlt und Libri.de
Sowohl bei Rowohlt wie auch bei Libri.de drehten sich die Gespräche hauptsächlich um das E-Book. Es gibt in diesem Bereich einige zentrale Fragen, die immer wieder auftauchen: Wird das E-Book in der Masse Anwendung finden? Verhelfen Lesegeräte wie der Sony Reader dem E-Book zum Durchbruch? Und sind Sony-Reader für knappe 300,- € nicht viel zu teuer für den Massenmarkt? Da Studenten generell kein Geld haben, freute es uns sehr, bei Rowohlt einen Sony-Reader einmal ausprobieren zu können. Aber trotz der gut lesbaren Texte auf dem „papierartigen“ Bildschirm fanden wir ihn nicht sonderlich praktikabel. Da dieses Thema die gesamte Verlagsbranche betrifft, wird dazu sicher noch ein eigener Artikel auf Euch zukommen. Wir erfuhren außerdem, dass Libri.de getrennt vom Zwischenbuchhändler Libri zu betrachten ist und als Online Versand Buchhändler mehrere Zulieferer hat. In diesem Bereich sind IT-Spezialisten und Betriebswirtschaftler mehr gefragt als wir Buchwissenschaftler, da Libri.de „vor allem mit Zahlen arbeitet und nicht mit Inhalten“. Der größte Konkurrent von Libri.de ist, wie sollte es anders sein, Amazon.

Bücher hören – Hörbuch Hamburg
In der Elbchaussee befindet sich der Hörbuch Hamburg Verlag. Die zwölf Mitarbeiter stellen Hörbuch-Kunstwerke her, und das nicht nur für Erwachsene. Die Silberfisch-Reihe widmet sich Kindern und Jugendlichen und beinhaltet unter anderem die „Biss“ Bücher von Stephenie Meyer. Wie alle Tonträger haben auch Hörbücher unter der Internetpiraterie zu leiden, weshalb die Schwierigkeit das Urheberrecht zu schützen angesprochen wurde, und welche Probleme es bedeutet, die Täter zu verfolgen – wieder so ein spannendes Thema (eigener Artikel folgt!). Wegen der geringen Mitarbeiterzahl sind viele Teile des Verlags ausgelagert, z.Bsp. die Herstellung, der Druck und der Vertrieb, der je nach Hörbuchsparte über eines der drei Verlagshäuser Carlsen, Ullstein und Piper abgewickelt wird.

Das Haus der Philosophie – Felix Meiner/ Helmut Buske Verlag

Im Felix Meiner Verlag, der sich zusammen mit dem Helmut Buske Verlag in einem Haus befindet, sitzen die Lehrbücher für exotische Sprachen (Buske) neben der Philosophie (Meiner). Philosophiert haben wir auch – über E Books, die Macht von Google und über den Markt für Fremdsprachenlehrbücher, die nur eine Nische bedienen können. Außergewöhnlich war, dass die Verlage den Vertrieb noch selbst organisieren, was einige Vorteile mit sich bringt. Man behält den Überblick darüber, wer beliefert wird, umgeht also die Black Box des Zwischenbuchhandels, und muss auch keine Lagerkosten zahlen, da das Lager direkt zum Haus gehört.   

Diese Woche hat uns also letztendlich ein paar neue Erkenntnisse verschafft (die Möglichkeiten von BoD sind großartig; Stiftungsverlage sind wundervoll zum Arbeiten) und einige Wahrheiten bestätigt (der Sony-Reader taugt noch nichts).