LG Buch

Michael Fürtjes über seinen neuen Job

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Warum das Miteinander im Buchhandel Zeit braucht, Saumseligkeit aber fehl am Platz ist. Antworten vom neuen Geschäftsführenden Vorstand der LG Buch.

Was ist es für ein Gefühl, nach Ihrem Weggang bei Droste in Düsseldorf nun an anderer Stelle etwas für den unabhängigen Buchhandel tun zu können?

Fürtjes: Ein sehr gutes Gefühl. Das Wort unabhängig möchte ich allerdings etwas präzisieren. Gemeint sind wohl inhabergeführte, eher kleinere und mittlere Buchhandlungen mit allenfalls einigen wenigen Filialen im Kontrast zu den Großfilialisten. Diese so genannten unabhängigen Buchhandlungen zu unterstützen und in ihrem jeweiligen regionalen Markt zu fördern, ist für mich eine großartige Aufgabe. Denn ich bin fest davon überzeugt, dass diese Firmen die Chance haben, durch klar profilierte, persönliche Akzente sehr kundenorientiert zu arbeiten. Wenn das zugleich betriebswirtschaftlich sinnvoll geschieht, tragen diese Buchhandlungen zur Vielfalt des kulturellen Lebens bei. Dabei mitzuhelfen, ist lohnend und wird Freude machen. Lassen Sie mich bitte einen weiteren Punkt präzisieren. Ich bin nicht von Droste weggegangen, sondern im Gegenteil bis zum letzten Tag bei Droste geblieben.

Droste wurde 2007 von der Mayerschen übernommen. Wie kann, wie muss sich der unabhängige Buchhandel gegen die Ketten behaupten?

Fürtjes: Ein guter Kaufmann wird Tag für Tag bestrebt sein, sein Geschäft profitabel zu führen. Das wird ihm gelingen, wenn er stetig an einem klaren Profil arbeitet, das pointiert kundenorientiert ist. Dass eine erfolgreiche Buchhandlung als Übernahmekandidat für einen Filialisten interessant ist, ist unstrittig. Das Beispiel Droste steht dafür. Ob es im Einzelfall zu einer Übernahme kommt, hängt von verschiedenen Gegebenheiten ab, die nicht generalisierbar sind. Es gibt auch Beispiele dafür, dass Inhaber sich mit nachhaltigem Erfolg gegen eine Übernahme behauptet haben. Die Chance der so genannten unabhängigen Buchhandlungen liegt darin, sehr persönlich und damit auch regionalbezogen und flexibel agieren zu können. Je größer ein Geschäft wird, je mehr filialübergreifende Regelungen erforderlich werden, umso anonymer und „gesichtsloser“ wird die Atmosphäre im Laden, umso träger die Aufmerksamkeit  für lokale Besonderheiten. Es zählt die Leistung vor Ort!

Das Sortiment tut sich mit Verbundmodellen schwer. Warum?

Fürtjes: Jede Form von Kooperation erfordert in der Praxis die Bereitschaft zu Transparenz und Kompromiss. Dazu muss man sich - je nach Naturell - mehr oder weniger überwinden. Mittlerweile dürfte jedoch jedem wachen Branchen-teilnehmer klar geworden sein, dass das sture Beharren auf Einzelkämpfertum schnell fatal werden kann. Gleichwohl kann Gemeinsamkeit nicht erzwungen werden. Es gehört also ein hohes Maß an Sensibilität dazu, das gemeinsam Mögliche auszuloten und auf den Weg zu bringen. Allerdings geht wohl an dieser Aufgabe kein Weg mehr vorbei. Das wissen, so denke ich, inzwischen auch alle. Doch was Richard David Precht über das Miteinander in Liebes-beziehungen schreibt, gilt gleichermaßen für die Zusammenarbeit unter Buchhändlern: „Wir können nicht hingehen und uns über Nacht verändern, nur weil wir ein paar kluge Einsichten gewonnen haben.“ (Liebe, S. 219) Will sagen, es braucht Zeit; die allerdings gilt es zu nutzen. Saumseligkeit war noch nie die Haltung erfolgreicher Kaufleute.

Wo sehen Sie die Stärken der LG Buch?

Fürtjes: Die Stärken der LG-Buch werden in den nächsten Monaten klarer als vielleicht früher deutlich werden. Lassen Sie mich bitte erst einmal anfangen zu arbeiten und aufgreifen, was Herr Westermann in den letzten Monaten begonnen hat.

Und wo die Schwächen?

Fürtjes: Die LG-Buch ist meines Erachtens zu wenig klar für Buchhändler und Verlage zu erkennen. Oder anders gesagt, die LG-Buch muss ihre Werbe-kommunikation verbessern.

Die Zusammenarbeit mit der BAG scheint ausgemachte Sache zu sein. Was wird sich ändern?

Fürtjes: Mit der BAG werden Gespräche geführt, deren Ergebnisse ich hier nicht vorwegnehmen kann und will. Ich bin sehr gespannt darauf, ab Juni an diesen Gesprächen teilzunehmen, und werde alles dafür tun, sie zu einem überzeugenden Ergebnis zu führen.

Wo sehen Sie die LG Buch in fünf Jahren – und wo sich selbst?

Fürtjes: Als Theologe neige ich nicht zur Hellseherei, weil derlei unseriös ist und auch nicht zielführend. Ich werde für den Erfolg der LG-Buch meine ganze Kraft einsetzen. Wenn die ausreicht und Buchhändler und Verlage den Mut zu sinnvoller Kooperation haben, wird die LG-Buch erfolgreich sein. Die Aufgabe, die ich als geschäftsführender Vorstand übernehme, ist - sui generis - nicht kurzfristig erschöpfend zu erfüllen. Sie braucht Zeit; wie viele Jahre, werden wir sehen.