Interview mit Egon Ammann

»Es ist besser zu verschwinden als zu verwässern«

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Warum die Schließung seines Verlags die sauberste Lösung ist und warum die Suche nach einem Nachfolger ohne Erfolg blieb. Ein Interview mit Egon Ammann

Einen Verlag zu schließen, die Möglichkeit bleibt immer. Gab es wirklich keine Alternative?

Egon Ammann: Der Verlag ist sehr persönlich geführt. Das kann man nicht einfach übertragen.

Liegt in der Aufgabe des Verlags nicht auch ein Scheitern, zumindest das, keinen Nachfolger gefunden zu haben?

Egon Ammann: Ich habe ja einen Nachfolger gesucht, seit fast zehn Jahren und viermal Leute hierher geholt. Immer ohne Ergebnis. Das ist eine andere Generation, die ist das Dienen nicht mehr gewöhnt, den persönlichen Einsatz ohne Rücksicht auf das eigene Wollen. Es ghet nicht darum, Pirouetten zu drehen.

Haben Sie darüber nachgedacht, den Verlag zu verkaufen?

Egon Ammann: Auch das ist nicht so einfach. Der Verlag hätte sich zwangsläufig verändert. So ist es die sauberste Lösung. Zu verschwinden ist besser als zu verwässern.

Es war nie leicht für den Verlag. Sind die Aussichten für ein anspruchsvolles literarisches Programm noch schlechter geworden?

Egon Ammann: Ja, die Verluste sind gewachsen. Es hat eine kulturelle Verschiebung gegeben: hin zu Fun und Fantasy. Davon verstehe ich nichts. Für anspruchsvolle Literatur wird es immer schwieriger. Um erfolgreich zu sein, müsste man neue Wege gehen, sich intensiv mit dem Internet befassen. Ich glaube das wird immer wichtiger. Aber das will ich nicht mehr. Dafür bin ich zu alt. Irgendwann wird es eine Rückbesinnung geben, aber das ist zu spät für mich, das werde ich nicht erleben.

Das letzte Programm erschein tim Frühjahr 2010. Was wird aus den Projekten, die zeitlich darüber hinaus reichen?

Egon Ammann: Die will ich mit und in anderen Verlagen machen.

Ist es ausgeschlossen, dass Sie Ihre Entscheidung noch mal überdenken?

Egon Ammann: Ja, wir haben das reiflich, drei Monate lang überlegt. Es spricht einfach sehr vieles dafür, auch gesundheitliche Gründe. Ich hatte zwei Herzinfarkte.

Wie sehr müssen Sie die misslungen Versuche, einen Nachfolger zu finden, sich selbst ankreiden? War und ist einfach keiner gut genug?

Egon Ammann: Natürlich gibt's da beide Seiten. Meine Frau sagt immer: »Du alter Patron. Dir haben die anderen nicht genügt.« Wir, meine Frau und ich, haben auf sehr viel verzichtet für den Verlag. Diese Bereitschaft gibt es heute nicht mehr.

Bedauern Sie das auch manchmal, diesen Verzicht?

Egon Ammann: Nein. Wir haben ja die Bücher.

Hätte es der junge Egon Ammann unter dem jetzigen Verleger Egon Ammann geschafft?

Egon Ammann: Ja, ich glaube, ich würde durchkommen durch die Mühle. Ich hatte eine harte Schule. Ich war bei Siegfried Unseld. Der hat mir das Dienen beigebracht.

Sind Sie vielleicht noch strenger als Unseld?

Egon Ammann: Nein. Ich habe viel auf die Mütze bekommen. So viel habe ich nicht ausgeteilt.

 

 

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