Google Book Settlement

US-Justizministerium erteilt Vergleich klare Absage

21. September 2009
von Börsenblatt
Das US-Justizministerium äußert erhebliche Bedenken gegen den von Google gemeinsam mit US-Verlegern und -Autoren ausgehandelten Buchsuche-Vergleich. In einer ausführlichen Analyse des vom Justice Department beim zuständigen Richter Denny Chin eingereichten Schreibens kommt Börsenvereinsjustiziar Christian Sprang zu dem Schluss, "dass das Settlement in der derzeit vorgeschlagenen Form keine Chance mehr hat." Aller Voraussicht nach werden die Vertragsparteien noch vor dem abschließenden Fairness Hearing am 7. Oktober wesentliche Änderungen in das Settlement einarbeiten.

Haupteinwand des US-Justice Department: Das Google Book Settlement verstößt in seiner vorläufigen Fassung gegen nationales und internationales Recht sowie gegen das Kartellrecht. Die Richter vertreten allerdings die Auffassung, so Sprang weiter, dass die Vertragsparteien den eingeschlagenen Weg weitergehen und nach gemeinsamen Lösungen suchen sollten.

Wie die "International Herald Tribune" in ihrer Ausgabe vom 18. September meldet, hätten bereits vor der Veröffentlichung der Stellungnahme des US Justice Department Gespräche zwischen den Settlement-Parteien stattgefunden - mit dem Ziel, die kartellrechtlichen Bedenken des Ministeriums zu mildern.

Die vom Justizministerium geäußerten Einwände decken sich laut Sprang mit den Objections, die vom Börsenverein und seinen Mitgliedsverlagen sowie von Verbänden und Institutionen (insbesondere von Marybeth Peters, der Leiterin des US Copyright Office bei einer Anhörung des Repräsentantenhauses) in den USA vorgetragen wurden. Das Ministerium bittet die Vertragsparteien darum, noch einmal angehört und über die Änderungen des Vergleichsvertrags informiert zu werden.

Eine Neuauflage des Rechtsstreits um die grundsätzliche Frage, ob Google überhaupt ohne Genehmigung von Rechteinhabern scannen und Auszüge (snippets) online stellen darf, will das US-Justizministerium nicht. Es steht der Online-Zugänglichmachung von vergriffenen und verwaisten Büchern grundsätzlich positiv gegenüber. Da der Vergleich nicht alle mit diesem Angebot verbundenen rechtlichen Probleme lösen könne, erwäge man gesetzgeberische Maßnahmen.

Sprang entnimmt dem Schreiben weiterhin, dass das Department of Justice mit einer Registrierungspflicht für die Rechteinhaber vergriffener Werke liebäugele. Voraussetzung dafür sei aber eine Änderung internationaler Urheberrechtsabkommen. Ein solcher Vorstoß würde bei den zuständigen EU-Kommissaren Reding und McCreevy auf offene Ohren stoßen.

Das Justice Department teilt laut Sprang zudem wichtige Einwände des Börsenvereins: So würden die Settlement-Vertragsparteien die Rechte ausländischer Autoren und Verlage nicht wirksam vertreten. Zudem sei die Information über den Vergleichsentwurf unzureichend gewesen.

Die Stellungnahme des US-Justizministeriums spielt Möglichkeiten durch, wie das Google Book Settlement noch juristisch geheilt werden könnte. Sprang hält es allerdings für unwahrscheinlich, dass Google bereit sein könnte, seine Opt-out-Regelung zugunsten eines "Opt-in" aufzugeben. Demnäch müsste Google Rechteinhaber grundsätzlich vor dem Scannen um deren Einwilligung bitten (wie es in Europa der Fall wäre).

Denkbar ist allerdings, dass die europäischen Rechteinhaber so behandelt werden könnten, als ob sie ein "Opt-out" aus dem Settlement erklärt hätten. Sprang zufolge könnte Google dann zwar mit der Digitalisierung fortfahren und Snippets aus den Büchern anzeigen – jede weitere Nutzung (eben auch der Verkauf des digitalisierten Contents) wäre aber unterbunden. Sollten europäische Rechteinhaber die Digitalisierung selbst verhindern wollen, müssten sie selbst Google vor einem US-Gericht verklagen.

Das Originaldokument des US-Justizministeriums finden Sie hier: http://thepublicindex.org/docs/letters/usa.pdf