Umfrage

Thalia-Artikel in der "SZ": Ein Weckruf - oder völlig daneben?

22. Oktober 2009
von Börsenblatt
Jeder auf der Messe hat ihn gelesen, jeder darüber gesprochen: Ein Artikel in der "Süddeutschen Zeitung" leuchtet Thalias Rabattpolitik bis ins Detail aus. Wird der Beitrag Folgen haben? Das Börsenblatt hat nachgefragt.

Dieter Wallenfels, Preisbindungstreuhänder
"Der Artikel spricht die Rabattspreizung ja sehr ungeniert an. Alle Akteure mit Marktmacht lassen hier die Muskeln spielen, der eine diplomatischer, der andere ruppiger. Ich hoffe, dass die Verlage jetzt eher dazu bereit sind, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, Regeln zu finden, die diese Aus-wüchse beschneiden. Und dass dieses Umdenken auch die AG voranbringt, die beim Börsenverein gerade eine Konkretisierung der Vorgaben des Preisbindungsgesetzes zu den Konditionen erarbeitet – immer mit dem Ziel des Gesetzes im Blick: Erhalt der Vielfalt im Buchhandel."

 

Michael Fürtjes, LG Buch
"In vier Wochen ist der Beitrag vermutlich vergessen. Thalia wird die Geschäftspolitik nicht ändern, der Kunde weiter dort einkaufen. Anzunehmen, dass Verlage sich jetzt auf eine gemeinsame Strategie verständigen, wäre naiv. Dazu haben sie jahrelang Zeit und Gelegenheit gehabt. Wenn ein solcher Text ohne Folgen bleibt, sagt auch das etwas aus über unsere Branche, über die Wirkkraft des ge-schriebenen Wortes. Die Zuspitzung auf Herrn Busch finde ich fragwürdig. Das The-ma verlangt keine Stilisierung eines Antihelden, sondern intelligente Ideen jenseits festgefahrener Fronten."

 

Christian Riethmüller, Osiander
"Ich finde diesen Artikel eine bodenlose Frechheit. Wenn die Schwierigkeiten der Branche auf ein einziges Unternehmen, ja auf eine einzelne Person redu-ziert werden, wird die Problematik vollkommen verkannt. Was uns zu schaffen macht, sind der Strukturwandel und die Digitalisierung. Es sind auch Unternehmen wie Google, E-Bay, Amazon & Co., die mit uns in starken Wettbewerb getreten sind. Nicht allein Thalia. Ich hoffe nicht, dass der Buchhandel jetzt den Fehler macht, sich zu freuen."

 

Dietrich zu Klampen, zu Klampen Verlag
"Der Text macht anschaulich, was wir nicht nur wissen, sondern auch spüren – in diesem Jahr besonders hart. Die Übermacht der Filia-listen führt dazu, dass Bücher kleinerer Ver-lage nicht mehr vor-gestellt werden dürfen und den Kunden nicht mehr gezeigt werden. Dieser Artikel ist wie ein Weckruf. Mancher Verlag wird aus süßen Träumen gerissen angesichts der harten Realität."

 

Lorenz Borsche, eBuch
"Ich hoffe. Bislang wurde ja nicht öffentlich darüber gesprochen, nun aber hat jeder Verlag gemerkt, dass er nicht der einzige ist, der sich hohen Konditionenforderungen ausgesetzt sieht. Mein Vorschlag: Verlage sollten sich eine gemeinsame Haltung zu eigen machen und, jeder für sich, sagen: Bei 50 Prozent Rabatt ist Schluss! Und wenn 50 Verlage zusammengekommen sind, sollten sie es in einer Anzeige im Börsenblatt kundtun."

 

 

 

 

 

Stefan Könemann, Könemann
"Natürlich wird der Text Folgen haben.  Wenn ein solches Medium etwas dokumentiert, dann kann man sicher sein,   dass viele Entscheider den Text lesen. Der Imageschaden für Thalia dürfte deshalb nicht unerheblich sein, sowohl außerhalb als auch innerhalb der Branche. Dass das Management langfristig von seiner Linie abweicht, damit rechne ich aber nicht."

 

 

 

 

Elisabeth Ruge, Berlin Verlag
"Ich hoffe, dass wieder mehr miteinander ge- und besprochen wird."

 

 

 

 

 

 

Karl-Peter Winters, Verlag Dr. Otto Schmidt
"Die Grenzen der Preisbindung müssen von allen eingehalten werden, und es darf nicht sein, dass sich einzelne Branchenteilnehmer direkte oder indirekte Vorteile verschaffen, die mit der Preisbindung nicht vereinbar sind. Ich teile zudem die Sorge vieler Verlage, dass die Konzentration im Handel auf Dauer ein Problem für sie ist. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass ein flott und hämisch geschriebener Artikel wie der der ›Süddeutschen Zeitung‹ der Ernsthaftigkeit der Sache nicht förderlich ist."

 

Klaus-Peter Stegen, Oetinger
"Der mit geschlossenem Visier durchgeführte und dazu noch persönliche Angriff ist stillos, polarisierend und dabei absolut einseitig. Der Artikel bringt aber auch ein Branchenproblem zur Sprache: die Schmerzgrenzen der Verlage. Dabei geht es aber nicht um Thalia, sondern um die Konditionengestaltung und ihre Auswirkung. Wenn überhaupt, müsste es ein Hearing geben, bei dem Verlage überlegen, wie man mit dem Problem umgehen kann. Dass Verlage aber zu einer gemeinsamen Haltung finden können, wage ich zu bezweifeln."

 

 

Klaus Kluge, Lübbe
"Thalia ist der größte Buchhändler. Da liegt es auf der Hand, dass er mit hohen Erwartungen an die Lieferanten herantritt. Man darf die Diskussion nicht auf die Frage der Grundkonditionen verengen, sondern muss zugleich die Leistungen sehen, die Thalia erbringt. Für Lübbe kann ich nur sagen: Die Ziele, die wir hinsichtlich Marktanteil und Umsatz haben, werden von Thalia mitgetragen. Natürlich sind die Rabatt­erwartungen hoch, aber die Leistungsbereitschaft ist es auch. Kritisch wäre, wenn unsere Deckungsbeiträge ins Negative rutschen würden – dann hätten wir Gesprächsbedarf. Als Problem für uns könnten sich zentrale Warenlager beim Kunden entwickeln, wo eine Rechnungstellung erst erfolgt, wenn der Kunde unsere Bücher von dort aus in seine Filialen bringt. Da haben wir hohe Aufwände, zumal wenn die Zahl solcher Lager noch zunimmt."