Gespräch mit Ullstein-Programmleiterin Ulrike Ostermeyer

Helene Hegemanns "Axolotl Roadkill": "Es ist keine Wohlfühlliteratur"

2. Februar 2010
von Börsenblatt
Die dritte Auflage wird gerade gedruckt. 50000 Exemplare von Helene Hegemanns "Axolotl Roadkill" hat Ullstein ausgeliefert. Dabei ist der erst vor wenigen Tagen erschienene Debütroman alles andere als eingängig. Ein Gespräch mit Hegemanns Lektorin und Ullstein-Programmleiterin Ulrike Ostermeyer über die Arbeit mit der 17-jährigen Autorin, die Reaktion der Buchhändler und die Ambitionen des Verlags.

Das gerade erschienene Debüt von Helene Hegemann ist ein hartes, nicht gerade einfach zu lesendes Buch. Von der Kritik wird es trotzdem ganz überwiegend überschwänglich gelobt. Damit war nicht gerade zu rechnen, oder?

Auch wenn wir um das literarische Potenzial des Buches gewusst und natürlich gehofft haben, dass die Kritik ähnlich begeistert ist wie wir, waren wir von diesem Ausmaß überrascht. Ich denke, diesem Frischen, Wilden, Unverbrauchten kann sich einfach niemand entziehen.

 

Wie erging es Ihnen selbst, als Sie den Text zum ersten Mal vor sich hatten?

Das waren zunächst nur 80 Seiten, die von ihrer Agentin verschickt wurden, eine Art Leseprobe. Das Ganze war noch in manchem unfertig, aber man hat bereits gesehen, welch eine unglaubliche Kraft darin steckt, welch ein Sprachtalent Helene Hegemann ist. Es gab einige Verlage, die begeistert waren.

 

Offensichtlich aber weniger als Ullstein ...

Das weiß ich nicht. Es gab eine Auktion. Aber das muss nicht heißen, dass wir das meiste Geld geboten haben. Gerade bei deutschsprachigen Autoren ist das nicht das allein entscheidende.

 

Sie wollen, dass Ullstein an literarischem Renommee gewinnt. Aber noch kann der Verlag doch kaum als einer gelten, der für junge Autoren wie Helene Hegemann verlockender wäre als manche anderen Häuser.

Das kommt auf die Perspektive an. Es kann ja für einen Autor auch von Vorteil sein, eine singuläre Stellung im Programm zu haben und nicht einer von vielen zu sein. Wir arbeiten aber konsequent daran, das Umfeld auch in diesem Bereich aufzubauen, die deutschsprachige Literatur ist ein Teil des Ullstein-Programms. Ich glaube, dass es Helene Hegemann nicht so wichtig war, von gewichtigen Namen umgeben zu sein, für sie haben andere Kriterien eine entscheidendere Rolle gespielt, das kann und soll jeder Autor selbst entscheiden. Es kommt ja auch darauf an, wo und mit welchen Menschen man sich persönlich wohl und zu Hause fühlt.

 

Wie einfach war es für Sie, den Verlag von Hegemann zu überzeugen?

Ganz leicht, die Qualität und das Potenzial des Textes war für uns alle unverkennbar und sprach für sich.

 

Die Buchhändler können sich über einen neuen Bestseller freuen. Aber als Lieblingslektüre werden die meisten „Axolotl" wohl eher nicht empfehlen ...

Es ist sicher kein Buch, das man der sogenannten Wohlfühliteratur zuordnen kann, es fordert den Leser, in jeder Hinsicht. Aber es lässt einen nicht unberührt, es erzeugt großen Diskussionsbedarf und trifft offenbar einen Nerv unserer Gesellschaft.

 

Ist Helene Hegemann eine Ein-Buch-Autorin?

Das muss man abwarten. In meinen Augen ist sie eine Künstlerin, hat unglaublich viele Ideen. Sie wird sicher weiter Filme machen, Theater. Und ich hoffe natürlich, dass sie auch weiterhin Bücher schreibt.