Interview mit dem Literaturagenten Peter S. Fritz

"Verlage sollten nicht vor dem Handel kuschen"

11. März 2010
von Börsenblatt
Der E-Book-Markt formiert sich – und Agenten üben sich mit den Verlagen im Tauziehen. Worum es geht? Um eine angemesse Vergütung für Autoren. Aber was heißt das? Vermarkten sich Autoren künftig selbst? Antworten von Peter S. Fritz, Literaturagent bei der Paul & Peter Fritz AG in Zürich. 
Autoren, Agenten und Verlage kämpfen um eine angemessene Vergütung für E-Book-Rechte. Wo liegt das Problem?
Fritz: Verlage stehen enorm unter Druck. Manche haben bei der E-Book-Produktion schon viel Geld in den Sand gesetzt, weil sie sich für teure und daher falsche Verfahren entschieden haben. Außerdem wissen die Verlage nicht, welchen Umsatzanteil vom Print-Geschäft die 
E-Books verschlingen werden. Und sie fragen sich, welche Preise digitale Bücher haben sollten.

Amazon bietet in den USA E-Books für 9,99 Dollar an ...
Fritz: Um seine Lesegeräte zu verkaufen, ja. Insgesamt sind Bücher aber zu billig – auch in Deutschland.

Was raten Sie Verlagen?
Fritz: Verlage dürfen den Preisverfall und den Druck des Handels nicht an den Autoren auslassen. Sonst arbeiten die Autoren bald auf eigene Rechnung. Eine solche Entsolidarisierung würde den Verlagen nicht bekommen.

Inwiefern?
Fritz: Ich erwarte in den nächsten 24 Monaten einen elektronischen Tsunami – E-Books werden sich extrem schnell verbreiten. Das gefährdet vor allem Taschenbuchverlage mit Genre-literatur. Wenn Verlage stur bei 20 Prozent Honorar vom Verkaufserlös bleiben und vor dem Preisdiktat des Handels kuschen, werden sich zuerst die erfolgreichen Autoren abwenden. Es sollte Verlagen nicht schwerfallen, mindestens 
25 Prozent Honorar zu zahlen. Uns liegen jetzt die ersten Gutschriftsanzeigen vor – in einem Fall hat der Verlag drei, im anderen 289 E-Books verkauft. Die Summen, um die es geht, sind also noch recht überschaubar.

Hat denn die Selbstvermarktung der Autoren Zukunft?
Fritz: Zumindest gibt es genügend Dienstleister, die Autoren gute Konditionen bieten. Ich vertrete allerdings die konservative Ansicht, dass Verlage und Autoren gegen monopolistische Händler zusammenhalten müssen. Denn von den Händlern kommt die Bedrohung. Ich sage meinen Klienten: Seid zurückhaltend mit euren Alleingängen – und habt Verständnis für Verlage, die noch mit vielen Unwägbarkeiten zu kämpfen haben.