Ein Nachmesse-Brief aus Südschweden über Leipziger Begegnungen, das Buch als Kulturträger und Remissionswünsche

Die Edition Rugerup zieht Bilanz

8. April 2010
von Börsenblatt
Nach der Buchmesse ist vor der Buchmesse: Während der Frühling endlich Einzug hält und nach den tollen Leipziger Tagen der Alltag eingekehrt ist – was in unserer eiligen Branche zumeist die Planung des literarischen Herbstes bedeutet - erreicht uns ein Messe-Rückblick der Verlegerin Margitt Lehbert.

Da er, obwohl ganz subjektiv gehalten, die Stimmungs- und Problemlage vieler kleiner Independent-Verlage widerzuspiegeln scheint, dokumentieren wir ihn hier im Wortlaut:

Liebe Freunde der Edition Rugerup,

erst einmal: wir haben die Messe nicht nur überlebt, sondern genutzt und genossen. Die Edition hat einen Stand mit luxbooks geteilt, was nicht nur aus professioneller Sicht eine ausgezeichnete Entscheidung war: unsere Programme ergänzen sich, über unsere Pläne und Wünsche konnten wir uns angeregt austauschen, und ich erfuhr auch eine Menge praktische Dinge, die uns mit Sicherheit weiterhelfen werden. Christian Lux und Annette Kühn also herzlichen Dank für ihre offenherzige und selbstlose Hilfe und für wärmende Gespräche. Wir hoffen auf mehr Zusammenarbeit in der Zukunft!

Für einen kleinen Verlag, der auf einem schwedischen Bauernhof gegründet wurde, ist die Messe eine einmalige Gelegenheit, die Menschen, mit denen man sich per Mail austauscht, endlich persönlich kennenzulernen. Ich möchte hier kein Who's Who der Edition anlegen, aber ich habe mich über Ihre Besuche am Stand sehr gefreut und ziehe es bei weitem vor, Menschen zu schreiben, denen ich persönlich begegnet bin.

Am Messedonnerstag fand der Rugerup-Abend in der Galerie KUB statt, es lasen Dorothea Grünzweig aus ihrer Hopkins-Übersetzung (Jürgen Brôcan nannte diese in der NZZ einen "Meilenstein in der deutschsprachigen Hopkins-Rezension" und lobte Grünzweigs Übersetzung als die bislang gelungenste), Christine Koschel aus dem von ihr wunderbar übersetzten MacEwen-Band "Die T. E. Lawrence Gedichte" und Martina Jakobson aus ihrem hochgelobten Auswahlband "Wolkenrauch" von Innokentij Annenskij. Wir fanden die Heizung zu laut und ließen sie ausschalten, was leider dazu führte, daß es (eigentlich passend) bei Annenskij schnell sibirisch kalt wurde. Nach der Pause wurde es wieder warm und die mitreißenden Gedichte über Lawrence von Arabien fanden großen Anklang unter den Hörern.

Offenbar wurde auf der Messe wieder viel über elektronische Bücher und Literatur im Internet diskutiert. Als wir unsere ersten Bände drucken ließen, ging es uns unbedingt um das Buch, das Buch als Medium, Kulturträger und liebevoll gestalteter Gegenstand. Das erhöht zwar die Kosten für die Produktion, grenzt aber das "Produkt" deutlich von jeder elektronischen Ästhetik und Vernunft ab. Wir hoffen, dass sich das... nun, "auszahlt" ist das falsche Wort, aber dass es sich lohnt und halten lässt.

Leider fand ich bei meiner Rückkehr nach Rugerup eine Remissionsanfrage vor: unser Grossist (der nicht nur die Titel in Internetläden kaufbar macht, sondern auch für viele große Buchhandlungen die einzige Bestellstrategie ist) schrieb: unten aufgeführte Titel möchte ich zur Remission anfragen. Es handelt sich hierbei um Titel, welche aus wirtschaftlichen Gründen bei uns aus dem Sortiment genommen wurden. Bitte senden Sie mir hierfür die Remissionsgenehmigung zu. Das ist ein schwerer Schlag für uns, war der Gedanke doch, Bücher von solcher Qualität und kulturellem Wert zu veröffentlichen, daß sie sich über viele Jahre tröpfchenweise verkaufen. Der Verlag sollte eines Tages auch dank der Backlist existieren können. Eine zweisprachige Auswahl aus dem Lebenswerk eines wichtigen Dichters ist ja nach zwei Jahren nicht passé. Man sollte wohl auch den begehrten Bestseller bei einem gut sortierten kleinen Buchladen kaufen, um diese Läden nicht zu gefährden. Solche Buchhändler schauen immer noch unter buchhandel.de nach, ob ein Buch lieferbar ist, und bestellen es dann bei unserer Auslieferung in Berlin. Übrigens sind dort die Konditionen für kleine Verlage auch günstiger!

Sonst schicken wir noch fröhliche Frühlingsgrüße in die Runde, freuen uns über unsere Praktikantin Paula Bögel, die gestern aus Deutschland angereist ist und uns sehr helfen wird, und wünschen Ihnen Muße und Gesundheit.

Mit besten Grüßen

Margitt Lehbert