AKEP Jahrestagung 2010 Berlin

"E-Mail – das klingt so nach 90er Jahre"

9. Juni 2010
von Börsenblatt
Zukunft wird gemacht. Und deshalb darf man sie nicht dem Zufall überlassen. Das wurde spätestens nach der Präsentation von Raimund Schmolze (Deutsche Telekom Laboratories) auf der AKEP-Jahrestagung klar. Und wie haben wir uns die Zukunft der Buchbranche vorzustellen?

Schmolze, der bei den Deutsche Telekom Laboratories für "Ideation & User Experience Development" verantwortlich ist, zeigte in seinem Vortrag einige Beispiele. Man fängt schon bei den Jüngsten an: Im Streetlab der Telekom in Berlin-Neukölln, wo Kinder und Jugendliche ihr mobiles Lieblingsprodukt kreieren können – mit Folien, Filzern, Wollfäden und Klebestift. Oder auf der "Sound Safari", auf der sie Töne und Klänge sammeln, um daraus eigene Klingeltöne zu komponieren.

Die Forschung mit und an der Zielgruppe ist der Schlüssel für Produktentwicklung und -bewertung bei der Telekom. Neben der Arbeit mit der User-Generation von morgen sind es Kooperationen mit der Wissenschaft und Start-Ups. Die Telekom Laboratories unterhalten eine Public Private Partnership mit der TU Berlin, aus der täglich neue Publikationen und Patentanmeldungen hervorgehen. Mit dem Projekt "Entrepreneurs in Residence" gibt man jungen Unternehmern eine Starthilfe bis hin zu Ausgründung eines eigenen Unternehmens (Spin-off) durch den Geschäftsbereich T-Venture.

Um neue Produktideen zu entwickeln und zur Marktreife zu bringen, braucht man ein junges Team, "Leute, die keine Mails mehr verschicken, sondern einen Communicator benutzen, denn 'E-Mail, das klingt so nach 90 Jahre'", sagt Schmolze. Und es soll ein interdisziplinäres Team mit einem nicht zu geringen Frauenanteil sein, weil Frauen, so Schmolze, ergebnisorientierter arbeiten.

Auf dem Weg zum Multibook
Was ein Verlag 2015 tun muss, um noch im Markt mitspielen zu können (und nicht etwa anderen Playern das Geschäft zu überlassen), führte Okke Schlüter, Professor für Medienkonvergenz an der Hochschule der Medien (HdM) in Stuttgart, vor. Er konfrontierte die Zuhörer zunächst mit einigen Zahlen und Zukunftserwartungen, wie sie vor allem die Delphi-Studie des Münchner Kreises (2030: Zukunft und Zukunftsfähigkeit der Informations- und Kommunikationstechnologien und der Medien) belegt. Dann stellte er drei Zukunftsszenarien für 2015 vor, die gar nicht nach Science Fiction klangen, sondern so, als müsste in den Verlagen schon längst an den entsprechenden Lösungen gearbeitet werden.

Zum Beispiel Szenario 2: Ein Buchkunde lädt sich morgens auf sein Smartphone eine Leseprobe. Er bestellt von unterwegs aus das physische Buch, Lieferzeitpunkt: heute, 19 Uhr, nach Feierabend. Parallel ordert er für sein mobiles, multimedia-fähiges  Endgerät das elektronische "Multibook", das viel mehr kann als die digitale 1:1-Entsprechung des gedruckten Buch: Es bietet zahlreiche Links zu Zusatzinformationen im Netz, es enthält Bilder und Videos, es verfügt über eine Text-to-Speech-Funktion, es blendet Textkommentare von Community-Freunden ein. Abends, so Schlüter weiter, kann der Kunde dann wieder im Printbuch weiterlesen, und am nächsten Morgen, bei der Fahrt ins Büro, aktiviert er die Vorlesefunktion.

Schlüter selbst arbeitet gerade mit Kooperationspartnern an der Entwicklung eines Multibooks – eines Medienformats, von dem wir dank der Tablet-Revolution noch mehr hören und sehen werden.