Buchhändler-Aktionen

Nofretete in der Buchhandlung Berlin Story

16. Juli 2010
von Börsenblatt
Mit den Augen einer Königin: Ihren Standortvorteil auszuspielen – darauf versteht sich die Buchhandlung Berlin Story. Inhaber Wieland Giebel bittet sogar Nofretete auf die Bühne seines Salons.
Zehn Gehminuten vom Brandenburger Tor entfernt liegt die Buchhandlung Berlin Story, die seit ihrem Umzug im vergangenen Jahr im wahrsten Sinne des Wortes neue Räume bespielt: Im Souterrain hat Inhaber Wieland Giebel einen Theatersalon eingerichtet. "Am alten Standort bestand die Bühne nur aus einigen Euro-Paletten, auf denen wir ein Zille-Programm gespielt haben", sagt er. Zum neuen Salon gehören ein roter Samtvorhang, professionelle Scheinwerfer und vergoldete Stühle.

Nacht mit Nofretete

Alle Programme haben einen Bezug zur Stadt, und Giebel hat gute Ideen. So stellt er Berlins berühmteste Migrantin, die im Neuen Museum "wohnende" Königin Nofretete, leibhaftig auf die Bühne. In der "Nacht mit Nofretete" sieht man die Hauptstadt mit den perfekt geschminkten Augen der schönen Ägypterin. Ihr Mundwerk beweist, dass sie eine echte Berlinerin ist. Das Stück stammt aus der Feder von Thomas Rau, der schon als Redenschreiber für Ole von Beust und Henning Voscherau gearbeitet hat; und Rau hat es auch inszeniert.

Borchardts Erdapfelsuppe und orientalischer Milchreis

In den Pausen tafeln die Gäste auf hohem Niveau, das "königliche" Drei-Gänge-Menü kann sich sehen lassen: Borchardts Erdapfelsuppe (nach dem Entdecker der Nofretete-Büste), Putenmedaillons nach Art der Isis auf Aprikosen-Chili-Soße, orientalischer Milchreis mit Beeren und Datteln. 99 Plätze bietet das Theater. Der Preis für eine Karte, inklusive Menü, liegt zwischen 50 und 70 Euro. Aus den Einnahmen werden Künstler und Catering bezahlt – und eine feste Mitarbeiterin, die sich ausschließlich um den Salon kümmert.

Chansons mit Graupeneintopf

Aber nicht nur Nofretete hat die Berlin Story in ihrem Programm. In "Sehn Se Berlin – wie es lacht, singt und schmeckt!" interpretieren der Kabarettist Wolfgang Bahro und die Sängerin Barbara Felsenstein Lieder, Chansons und Sketche aus 100 Jahren. Dabei stehen typische Berliner Speisen auf der Menü-Karte: Currywurst, Graupeneintopf und Sauerbraten. Während in der Buchhandlung 80 Prozent des Umsatzes von Touristen gemacht werden, lockt das Theater in der Tingel-Tangel-Tradition der 20er-Jahre auch die Berliner selbst an.

Rund 20 000 Euro investiert Giebel in jede neue Show. "Das Risiko liegt bei 100 Prozent, sowohl für die Künstler als auch für uns", sagt er. An einen einzigen Flop kann er sich erinnern: Das sei gefühlte 100 Jahre her. Inzwischen bewerben sich bekannte Schauspieler, Sänger und Varietékünstler sogar um ein Engagement bei Berlin Story.

Prämiertes Engagement

Für seinen Ideenreichtum, mit dem Giebel nicht zuletzt neue Arbeitsplätze schafft, ist das Unternehmen am 28. Juni als einer von 365 Orten im Wettbewerb "Deutschland – Land der Ideen" ausgezeichnet worden.

Kathrin Schrader