"Trends werden nicht am Reißbrett entworfen"

22. Juli 2010
von Börsenblatt
Von einer genaueren Positionierung im Buchhandel bis zu Zombies, die sich nicht als Vampir-Nachfolger durchsetzen: Timothy Sonderhüsken, Programmleiter PAN bei Droemer Knaur,  über den Fantasy-Markt und Trends.

Was hat sich im Fantasy-Segment in den vergangenen Monaten getan?
Sonderhüsken:
Was Vampirgeschichten angeht, tritt im Buchhandel und auch bei uns im Verlag eine gewisse Ermüdung ein. Deswegen haben wir uns in diesem speziellen Bereich von Anfang an zurückgehalten und auf andere, ungewöhnlichere Geschichten gesetzt; im Herbst erscheint beispielsweise Jackson Pearces Debütroman „Drei Wünsche hast du frei“, in dem sich alles um einen attraktiven Dschinn dreht. Was sich in den letzten Monaten nicht durchgesetzt hat ist das in Amerika ausgerufene „Zombies sind die neuen Vampire“, und das erfüllt mich mit einer gewissen Befriedigung: Trends werden eben nicht am Reißbrett entworfen, sondern immer noch von Lesern gemacht. Deswegen muss man ihnen ein vielfältiges und immer wieder ungewöhnliches Programm anbieten. Davon abgesehen öffnet sich das Genre immer mehr, beispielsweise für Dystopien, in denen ein düsteres Bild unserer Zukunft gezeichnet wird, und Geschichten mit Science-Fiction-Anklängen, die mit Fantasy streng genommen genau so wenig zu tun haben wie die Vampire.

 

Wie beurteilen Sie die allgemeine Debatte um All-Age?
Sonderhüsken:
Die All-Age-Debatte ist meiner Meinung nach künstlich hochgepusht worden und wurde nur innerhalb der Verlags- und Buchhandelsbrache geführt – Lesern ist sie komplett egal. Das Genre Fantasy wurde immer schon altersübergreifend gelesen; das hat nicht erst mit „Harry Potter“ angefangen und wird auch nicht mit Stephenie Meyer oder Suzanne Collins aufhören. Jugendliche suchen auf dem „erwachsenen“ Fantasytisch nach Lesestoff, Erwachsene im Jugendbuch. Meiner Erfahrung nach wissen Leser um die inhaltlichen Unterschiede und suchen sie ganz bewusst – die einen wollen endlich „ältere“ Stoffe lesen, die andere fühlen sich immer noch oder wieder mit „jüngeren“ Geschichten wohl.

 

Brauchen die Käufer da Hilfestellung?
Sonderhüsken:
Die Aufgabe der Verlage muss es sein – auch als Service für den Handel –, zielgenaue Programmarbeit zu betreiben und konkret zu sagen: „Dies ist ein Jugendbuch und das ist etwas für den ‚erwachsenen’ Fantasytisch.“ Ich habe darüber lange mit befreundeten Buchhändlern gesprochen, die eindeutig sagen: „Die All-Age-Diskussion führt letztlich nur dazu, dass niemand mehr so genau weiß, was im Handel wo optimal liegt“ – und damit ist niemandem geholfen.

 

Weist deshalb in Ihrer Herbstvorschau ein Button auf der Herbstvorschau explizit auf "Für ihre Jugendbuchabteilung" hin?
Sonderhüsken:
In den ersten beiden PAN-Programmen gab es neben den Titeln für das Jugendbuch tatsächlich immer zwei, drei Titel, die eher für den „erwachsenen“ Fantasytisch gedacht waren und die wir deswegen in der Vorschau bewusst mit einer Leseempfehlung „ab 16“ versehen haben; etwa die Peter-Pan-Interpretation „Der Kinderdieb“ von Brom. Dies hat im Handel stellenweise zu Irritation geführt – die wir nun durch eine noch konsequentere Programmarbeit aufheben. Davon abgesehen fehlte einfach eine eindeutige Zuordnung auf der Vorschau, wie es sie bei den Programmbereichen Knaur Taschenbuch und Knaur Hardcover, um nur zwei Beispiele zu nennen, immer schon gab.   

 

Wie hat sich das Droemer Knaur-Fantasy-Imprint Pan als eine Art Einstieg in die Jugendliteratur entwickelt?
Sonderhüsken:
Wir haben bereits vor Pan einige Jugendromane veröffentlicht, deren Erfolg uns optimistisch gestimmt haben – Catherine Jinks „Teuflisches Genie“ etwa oder Timothy Carters „Dämonenhunger“. Diese Bücher erschienen noch im Knaur Taschenbuch und wurden dementsprechend auch in der Taschenbuchabteilung verkauft. Mit Pan sind wir nun ins Jugendbuch vorgedrungen – und nach den ersten neun Monaten am Markt können wir sagen, dass wir auf dem richtigen Weg sind: Wir haben alle Umsatzziele übertroffen, die wir uns für die Einführung des neuen Verlags gesetzt haben.

 

Wie sieht die Planung aus – wollen Sie das Programm ausbauen oder bei der jetzigen Titelanzahl bleiben?
Sonderhüsken:
Wir werden Pan ganz bewusst nicht ausbauen, sondern konsequent ein im Vergleich zu den Konkurrenzverlagen kleines Programm pflegen. Mit Masse ist niemandem geholfen.