Essen & Trinken

"Ich bin ein Freund des Authentischen"

16. September 2010
von Börsenblatt
Foodfotograf Alexander Walter arbeitet am neuen Kochbuchprogramm von Kosmos. Und rückt für seine Kunden nicht nur Auberginen, sondern auch Autos ins richtige Licht. Ein Interview.

Sie sind Hobbykoch. Muss man gut kochen können, um ein guter Foodfotograf zu sein?Alexander Walter: Man muss keine Sterneküche servieren können, aber natürlich muss ein Foodfotograf Ahnung von den Abläufen beim Kochen haben. Wenn man nicht versteht, was da vor sich geht, wird es schwer, das, worauf es ankommt, richtig ins Bild zu rücken.

Was kochen Sie gern?
Ich mag die südländische, die italienische Küche, koche am liebsten nach Rezept. Walter: Weil ich auch gern jage und fische, kommt bei mir meistens das auf den Teller, was die Natur bei uns in Bayern so hergibt.

Der aktuelle Trend zur regionalen, zur heimischen Küche müsste Ihnen da ja entgegenkommen. Verändert sich dadurch auch die Foodfotografie, wird sie weniger artifiziell?Walter: Das ist schwer zu sagen, denn jedes Gericht lässt sich von den Foodstylisten, mit denen ich bei meinen Bildern zusammenarbeite, ganz unterschiedlich in Szene setzen. Man kann jedes Essen so stylen, als hätte es ein Kind oder ein Sternekoch zubereitet. Ich persönlich bin allerdings ein Freund der authentischen Foodfotografie. Die Bilder sollen schön anzuschauen sein – aber der Leser soll auch noch denken können: So ein Gericht kann ich nachkochen.

Sie fotografieren viele Bücher für das neue Kosmos-Kochprogramm, das auf Step-by-Step-Fotografie setzt. Es dürfte doch viel schwieriger sein, das Würzen einer Forelle appetitlich zu fotografieren als ein fertiges, kunstvoll arrangiertes Gericht?
Walter: Das kann man wohl sagen. Im Fall Kosmos waren die Step-by-Step-Fotos sehr aufwendig, weil sie auch Räumlichkeit und Atmosphäre einfangen, mit Requisiten arbeiten sollten. Und: Bei der reinen Rezeptfotografie kann der Foodstylist mehrere Gerichte parallel vorbereiten. Das geht hier nicht, denn die wichtigen Schritte müssen ja im Bild festgehalten werden.

Wie viele druckreife Fotos haben Sie am Ende eines Produktionstages in der Kamera?Walter: Mehr als vier bis fünf Rezeptbilder mit jeweils zwei Steps sind nicht zu schaffen – und auch das nur, wenn man unter hohem Tempo arbeitet. Ein Coverfoto dauert schon mal den ganzen Tag.

Wie saisonabhängig ist ein Foodfotograf?Walter: Ziemlich. Manchmal müssen wir eine Produktion unterbrechen, weil die Zutaten nicht mehr zu haben oder einfach unbezahlbar sind. Ein Kilo Kirschen für 200 Euro – das kann außerhalb der Saison schnell mal fällig werden.

Sie fotografieren auch für Automarken wie BMW oder Bugatti. Kühle Technik gegen organische Lebensmittel – zwei ganz unterschiedliche Bilderwelten?Walter: Entscheidend ist, ob man sich für das Thema interessiert, nicht ob man nun ein Auto oder einen Pfannkuchen fotografiert. Wir Fotografen inszenieren mit Objekten und Licht, da ist es für mich gar nicht so wichtig, um welches Produkt es geht, sondern ob es perfekt aussieht, perfekt platziert ist. Viel größer ist der Spagat bei der People-Fotografie. Für die Industrie und für Bildagenturen habe ich viele Menschen mit technischen Geräten vor der Kamera gehabt – das ist ein enormer Unterschied zur reinen Produktfotografie.

Wie sind Sie von der Industriefotografie zum Food-Auftrag bei Kosmos gekommen?Walter: Letztlich über meine Reportage- und People-Bilder, die zum Beispiel für ein Bierbuch bei Zabert Sandmann und Ratgeber bei GU entstanden sind. Vor etwa zehn Jahren habe ich dann für GU die Basic-Reihe fotografiert – ein Kochbuchkonzept, das bewusst auch Menschen ins Bild rückt und damals ein neuer Ansatz war. Dann holte mich Marc Strittmatter, der 2008 von GU zu Kosmos wechselte, mit ins Boot für sein neues Programm.

Kochbücher sind heute nur noch eine Seite des Geschäfts, auch Online-Portale und iPhone-Apps haben einen enormen Hunger nach Foodbildern. Wandelt sich die Foodfotografie durch die fortschreitende Digitalisierung?
Walter: Viele Bilder, die man im Internet sieht, sind grauenvoll. Man sieht einfach, ob ein Bild professionell produziert worden ist oder nicht. Und ich fürchte, dass die Betrachter durch all die schlechten Aufnahmen im Netz ihr visuelles Qualitätsbewusstsein verlieren. Gleichzeitig hat die digitale Fotografie die Arbeit für uns Profis extrem verändert. Bei den analogen, großformatigen Plattenkameras lassen sich Schärfe und Unschärfe ganz anders einstellen. Früher war der Aufwand bis zu einer druckfähigen Datei sehr groß, heute macht man eine Druckdatei mit dem Handy. Manchmal wünsche ich mir die analogen Zeiten zurück – obwohl es natürlich auch Vorteile gibt. Am Ende eines Produktionstages weiß man genau, was man geschafft hat. Und es gibt keine bösen Überraschungen mehr, wenn die Filme aus dem Labor kommen.

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