Luxemburg

Deutsche Krimileser im Visier

23. September 2010
von Michael Roesler-Graichen

Ein Bad Homburger entdeckt Luxemburg – nicht nur für den Beruf: Hauke Schlüter alias Hughes Schlueter hat mit "Tod in Belval" seinen ersten Luxemburg-Krimi geschrieben und ihn bei den éditions saint-paul in Luxemburg verlegt. Nun hofft er auch auf deutsche Leser.

Luxemburg genießt in manchen deutschen Boulevard-Blättern einen zweifelhaften Ruf – als Finanzplatz, der unversteuerte Gelder aus Privatvermögen magisch anzieht. Auch große Unternehmen aus der Buchbranche haben als Sitz Luxemburg gewählt – meist mit der Begründung, eine zentrale Lage mit guter Infrastruktur und mehrsprachigen Diensten vorzufinden. Mit Steuervorteilen oder unternehmensfreundlichen Bilanzregeln jedenfalls will man die Ortswahl meist nicht in Verbindung bringen.

Allerdings stimmt es, dass Ausbildung, Serviceorientierung und Standards beispielhaft sind, Internationalität wirklich gelebt wird, und die meisten Luxemburger vom Manager bis zum Handwerker dreisprachig sind. Das Land selbst bietet eine hohe Lebensqualität. Nicht selten bleiben Diplomaten, die aus aller Welt nach Luxemburg entsandt wurden, einfach dort. Mit den Unternehmen zieht es auch Fachkräfte aus ganz Europa nach Luxemburg, die dort in unterschiedlichen Branchen arbeiten. Einer der Long-Distance-Pendler ist der Bad Homburger Hauke Schlüter, der Unternehmen im luxemburgischen Esch berät und im nahe gelegenen Lothringen wohnt.
 
Die Sitze seiner Klienten liegen auf dem Gelände des ehemaligen luxemburgischen Hüttenwerk-Kolosses Belval, der 1997 seinen Betrieb einstellte und sukzessive in einen Gewerbe- und Dienstleistungspark mit zahlreichen Technologieunternehmen, Einkaufszentren und Wohnungen umgewandelt wird. Auch die Universität von Luxemburg wird dorthin ziehen, und eine internationale Investmentbank hat dort schon ihr Hauptquartier. Ein Teil der Türme und Anlagen des Industriebetriebs soll erhalten bleiben und wird aufwändig restauriert.

Leichenfund beim Foto-Shooting

Mag sein, dass die besondere Atmosphäre des Orts Schlüter inspiriert hat, einen Krimi zu schreiben. Heraus kam »Tod in Belval«, eine Geschichte um den Fashion-Fotografen Lou Schleck, der während eines Shootings am Hochofen eine weibliche Leiche entdeckt. Schlüters Debüt ist ein Krimi, in dem dubiose Geschäftsleute, undurchsichtige Investmentbanker und Modewelt-Damen eine Rolle spielen. Keine einfache Aufgabe für Commissaire Jean-Marie Grandcharles und Inspektor Rudy Decker, Licht in das Dunkel des Falls zu bringen.
 
Hauke Schlüter, der sich als Autor im frankophonen Umfeld Hughes Schlueter nennt, suchte einen Verleger und fand ihn in Luxemburg: Dirk Sumkötter, der vor 20 Jahren nach Luxemburg kam und in Luxemburg-Stadt den Verlag éditions saint-paul leitet, der zum großen Medienhaus Saint-Paul gehört – das nicht nur mit dem "Luxemburger Wort" die wichtigste Tageszeitung veröffentlicht, sondern auch Magazine publiziert, Internet-Portale und eigene Buchhandlungen unterhält. In den éditions saint-paul erscheinen Bücher in vier Sprachen: Französisch, Letzebuergisch, Englisch und Deutsch. Doch wie kommt man mit den deutschsprachigen Titeln in den deutschen Markt? Als Luxemburger Verlag ist man mehr oder minder ein Outsider, wenn man sich um die Platzierung der Titel im deutschen Buchhandel oder bei den Barsortimenten bemüht.

Für Verleger Dirk Sumkötter und Autor Hughes Schlueter war das eine Herausforderung. Das Genre kam ihnen dabei zu Hilfe. Regionalkrimi-Leser kennen inzwischen den „Saar-Lor-Lux-Krimi“, der in der ehemaligen Schwerindustrie-Region Saarland, Lothringen und Luxemburg spielt. Die Romane bespielen Orte, die wegen ihrer industriellen Geschichte, aber auch wegen des mehrsprachigen, internationalen Milieus interessant sind.
 

Brückenköpfe im deutschen Markt

Um in Deutschland Leser zu finden, braucht man natürlich Vertriebspartner. Da dies aber die Möglichkeiten eines Luxemburger Verlags sprengen würde, ist die gezielte Ansprache von Buchhändlern in den Nachbarregionen Luxemburgs der sinnvollere Weg. Brückenköpfe im deutschen Markt sind so etwa das Saarland, das Moseltal oder, weiter nördlich, die Aachener Gegend. Dort hat Sumkötter schon früher den Kontakt zur Mayerschen Buchhandlung geknüpft – um weitere deutschsprachige oder ins Deutsche übersetzte Krimis dem deutschen Lesepublikum näher zu bringen.
 
Weiteren Erfolg versprachen sich Autor und Verleger aber vom Internet, von viralem Marketing über spezielle Websites, über Facebook oder Youtube. In den vergangenen Wochen hat Hughes Schlueter eine Menge Zeit (und sicher auch Geld) investiert, um seinen Roman anzukündigen. Eine eigene Website mit Informationen zum Buch, ein Videotrailer, der auch auf YouTube ausgestrahlt wird und die gezielte Ansprache von Fansites wie Saarkrimi.de haben für erste Publizität gesorgt. Der für Oktober angekündigte Titel ist im VLB und bei Amazon verzeichnet und kann überall bestellt werden.
 
Schaut man sich die Flut der Krimis an, die jährlich von deutschsprachigen Verlagen in Deutschland, Österreich und der Schweiz produziert werden, wird es kein Leichtes für einen deutsch-luxemburgischen Autor wie Hughes Schlueter sein, den Weg in den deutschen Markt zu finden. Aber vielleicht – das hofft Schlueter – übt die ungewöhnliche Atmosphäre des Romans mit seinen hierzulande wenig bekannten Schauplätzen auch auf deutsche Leser einen besonderen Reiz aus.