Interview Douglas Rushkoff

"Wir akzeptieren Technologien, über die wir gar nichts wissen"

5. Oktober 2010
von Börsenblatt
Neue Technologien, neue Formate: Heute findet in Frankfurt die Innovationstagung "Tools of Change" statt. Wir haben im Vorfeld mit dem Medien-Visionär und Buchautor Douglas Rushkoff gesprochen, der auf der Veranstaltung einen Vortrag halten wird.
Worüber werden Sie auf der TOC sprechen?
Kurz gesagt, ich spreche über die Ideen in meinem neuen Buch "Programm or Be Programmed".

Worum geht es in dem Buch?
Ich glaube, wir akzeptieren neue Technologien in unserem Leben, obwohl wir wenig oder nichts darüber wissen, wie diese Technologien funktionieren und was sie mit uns machen. Wir wissen nicht, wie wir unsere Computer programmieren – und es interessiert uns auch nicht. Wir verbringen viel mehr Zeit damit herauszufinden, wie wir Computer benutzen und wie wir uns gegenseitig damit programmieren. Und das ist möglicherweise ein schwerwiegender Fehler.

Was ist zu tun?
Genauso, wie die Erfindung der Schrift die Gesellschaft umgekrempelt hat und uns von dem entfernt hat, was wir bis dahin für richtig gehalten haben, genauso wird unser Aufbruch ins Digitale einen neuen Rahmen einfordern. In meiner Keynote werde ich die wichtigsten Befangenheiten nennen, die digitale Medien mit sich bringen. Und ich werde zeigen, wie wir digitale Medien nutzen sollten.

Welche Zukunft haben gedruckte Bücher?
Bücher werden sicherlich auch zukünftig gedruckt. Aber es kümmert mich nicht, dass es immer weniger Print-Bücher sein werden.

Wie müssen sich lokale Buchhändler künftig aufstellen?
Sie sollten sich darauf spezialisieren, einen physischen Raum zu schaffen, in dem Bücher angefasst werden können und Konversationen in Gang bringen. Buchhandlungen müssen Lesergemeinschaften kreieren, die das Internet so nicht bieten kann.

Über Douglas Rushkoff
Douglas Rushkoff (49) zählt zu den einflussreichsten Medientheoretikern in den USA. Seit Mitte der 1990er Jahre hat Rushkoff neben seiner Tätigkeit als Kolumnist zahlreiche Fachbücher und Romane zu Themen der Netzkultur und zur Cyberpunk-Bewegung veröffentlicht. Bücher wie "Cyberia", "Playing the Future" und "Ecstacy Club" sind auch auf deutsch erschienen.

Über die Konferenz Tools of Change (TOC)
Die TOC stellt Ideen und Technologien für die Buchbranche vor. Gibt es ein optimales Preismodell bei E-Books? Wo bleibt das Geschäft angesichts der Kostenlos-Kultur im Internet? Und wie profitieren Verlage vom Mobile Publishing Boom? Veranstaltet wird die TOC vom Verlag O`Reilly in Kooperation mit der Frankfurter Buchmesse. Das komplette Programm finden Sie unter www.tocfrankfurt.com/program.