Frankfurter Buchmesse 2010

Rechtliche Turbulenzen auf dem E-Book-Markt

5. Oktober 2010
von Börsenblatt
Im Geschäft mit digitalen Inhalten ist noch vieles unklar, auch rechtlich. Agenten und Lizenzmanager von Verlagen üben sich deshalb bereits seit Monaten im Tauziehen – und trafen auch heute beim International Rights Directors Meeting wieder aufeinander. Das Fazit des Vortragmarathons: Agenten suchen zwar grundsätzlich den Schulterschluss mit Verlagen – aber nicht um jeden Preis.

Zum Beispiel die New Yorker Agentin Teri Tobias (Teri Tobias Agency): Sie riet ihren Kollegen aus aller Welt sehr genau hinzuschauen, bevor sie digitale Rechte vergeben. Keinesfalls sollten sie Verlagen automatisch mit verkauft werden – im Paket mit den Print-Rechten.

Fifty-fifty ins Ziel 

Wenn ein Verlag nicht über ein E-Book-Programm verfüge und/oder nicht in der Lage sei, vertrieblich unterschiedlichste Plattformen zu bespielen, wären Agenten besser beraten, die Rechte erst einmal zu behalten, so Tobias. Allen, die noch zweifeln, ob Autoren tatsächlich mehr als bisher zusteht, rief sie vom Podium selbstbewusst entgegen: „Die Regel, dass Autoren nur 25 Prozent vom Nettoerlös für den Verkauf eines E-Books bekommen, wird sich nicht halten.“. Ihr Ziel laute jedenfalls: Fifty-fifty.

Strengten sich Verlage nicht an, könnten Agenten die Rechte letztlich ja auch selbst vermarkten – so wie es Andrew Wylie macht (Odyssey Editions exklusiv bei Amazon), oder auch Scott Waxman mit der Plattform Diversion Books (diversionbooks.com). Schon allein diese beiden Projekte zeigten: Die Rolle, die Agenten jetzt und künftig spielen würden, sei eine völlig andere als früher. Tobias: „Agenten müssen verschiedene Hüte tragen – auch die eines Lektors und einen Marketingmanagers.“

Mit eiserner Miene

Tobias sparte in ihrem Vortrag zwar kein Reizwort aus, die meisten ihrer Zuhörer reagierten darauf jedoch mit eiserner Mine. Auch die Referenten, die nach ihr auf dem Podium standen, ließen sich im Grunde kaum etwas anmerken. Zum Stand des Tauziehens sagten sie öffentlich: nichts.

Ihre Aufgabe war allerdings ohnehin eine andere: Sie sollten, möglichst nüchtern, die wichtigsten Fakten zum digitalen Markt beisteuern – aus vier Ländern. Über Japan sprach Chigusa Ogino (Tuttle-Mori Agency, Tokio), über Frankreich Eric Marbeau (Gallimard) und über Spanien Juan González Álvaro (Santillana). Wie die digitalen Verhältnisse derzeit in Deutschland aussehen, welche Geräte jetzt in den Handel kommen und welche Vertriebswege entstehen, berichtete Frank Sambeth von Random House. In einem Satz: Insgesamt sei der Markt noch klein, aber er wachse schnell.

327 aus 45

„Off the Page – New Ways to Sell New Rights“ lautete diesmal das große Thema des Rights Directors Meeting, das traditionell am Tag vor Beginn der Frankfuter Buchmesse stattfindet. 2010 nahmen 327 Agenten und Lizenzmanager aus 45 Ländern teil; der Raum Europa in Halle 4.0 war bis auf den letzten Platz besetzt.