Siegeszug der Netzwerke?

28. Oktober 2010
von Börsenblatt
Vernetzen ist Trend! Seien es die Fachschaften der Buchwissenschaftsstudiengänge, „Oldies“ wie die Bücherfrauen oder Initiativen wie "Ich mach' was mit Büchern"  –  immer mehr Buchmenschen suchen sozialen Anschluss nicht nur in der digitalen, sondern auch in der realen Welt. Dass auch hier nicht alles Gold ist, was glänzt, zeigt Hanna Hartberger am Beispiel der Gruppe Franken der Jungen Verlagsmenschen.

Das Netzwerk der Jungen Verlagsmenschen, das vor kurzem seine zweite Mitgliederversammlung durchführte, ist im Moment äußerst erfolgreich: Mailinglisten mit Jobangeboten, Stammtische, Exkursionen, die Facebook-Gruppe – gerade junge Menschen sind begierig darauf, sich mit Gleichaltrigen, die in der selben Branche arbeiten, auch außerhalb der Buchmessen zu treffen. Einerseits, weil alle ähnliche Probleme haben und sie sich hier Rat holen oder zumindest austauschen können, und andererseits, weil sie ganz nebenbei auch nützliche Geschäftskontakte knüpfen können. 
Immer weniger "Brancheninterne"Problematisch ist das allerdings in strukturschwachen Gegenden. Der regelmäßig in Erlangen stattfindende Stammtisch Franken erfreut sich zwar ebenso wie das Gesamtnetzwerk reger Beliebtheit – jedoch vor allem von Studenten des Erlanger Buchwissenschaftsstudiengangs. Die „richtigen" Verlagsmenschen, die Volontäre, Azubis oder Young Professionals, waren bei den letzten Treffen – anders als zu Beginn – nur spärlich vertreten. Grund dafür ist laut Daniela Bertram aus dem Orga-Team, dass die Terminfindung schwierig ist, da die Verlage vieler Teilnehmer über ganz Franken verstreut angesiedelt sind und die Gäste teilweise eine weite Anfahrt zurücklegen müssen. Eine weitere Erschwernis ist die Tatsache, dass Franken nicht gerade eine "Verlagshochburg" ist.
 
Viel Hype um nichts?Aber sind Entfernungen und andere Termine wirklich das einzige Problem? Oder überdauerte die anfängliche Begeisterung einfach nicht? Es scheint, als wäre Netzwerken ein gehypter Trend, einer, den zwar alle total wichtig finden, aber der letztendlich doch nur zweimal jährlich auf den Buchmessen wirklich vollzogen wird. Das Alltagsgeschäft besiegt das ehrenwerte Ziel, das auf Dauer nur unterstützenswert erscheint, wenn es keine zusätzlichen Ressourcen fordert. Was sich in Großstädten durch eine viel größere Zahl potenzieller Teilnehmer überdecken lässt, kommt in strukturschwachen Regionen deutlich zum Vorschein.
 
Prinzipiell wäre das Internet eine gute Alternative zu realen Stammtischen. Immer mehr spielt sich im digitalen Raum ab, wo insbesondere räumliche Entfernungen nicht mehr ausschlaggebend sind.
 Doch dort zeichnet sich auf lange Sicht lediglich eine sehr oberflächliche Auseinandersetzung ab: So sind Grüße Hinterlassen und Selbstmarketing durch Statusmeldungen ein allseits beliebter Sport, während intensivere Auseinandersetzungen mit Branchenthemen in sozialen Netzwerken oder Foren nur selten zu verfolgen sind. Blogs erfüllen zwar eine wichtige Funktion zur Meinungsbildung, haben aber im Bereich von Meinungsaustausch nur eine begrenzte Wirkung.
 
Wie es weitergeht …

Lohnt es sich also, die Idee eines fränkischen Netzwerks weiterzuverfolgen? Bisher beantwortet das engagierte Orga-Team um Sebastian Sabors diese Frage eindeutig mit „Ja". In dem einen Jahr des Bestehens wurden bereits zwei Exkursionen organisiert, zu denen es jeweils positive Rückmeldungen seitens der Teilnehmer gab. Bei den Stammtischen ist die Atmosphäre freundlich und angenehm und Ideen der Teilnehmer werden gerne aufgegriffen. Trotzdem sind jetzt gerade die Teilnehmer gefragt – solange sie nicht wieder zahlreicher einen langen Weg auf sich nehmen, kommt das Konzept eines Netzwerks nicht mehr zum Tragen.